Athen Die Panik hat auch die griechischen Medien erfasst

Athen · Es sind Hiobsbotschaften, die Griechenlands Zeitungen in diesen Tagen vermelden. Nachdem bereits die Banken geschlossen hatten, alarmierte die Zeitung "Akropolis" ihre Leser mit der Zeile: "Auch die Supermärkte schließen". Die konservativ-liberale "Kathimerini" sieht "Anzeichen der Auflösung des Landes". Das Boulevardblatt "Ethnos" kam mit Zeilen wie "Agonie um die Renten", "Das Land im Strudel" und "Stunde null". Täglich machen neue Gerüchte die Runde. Der Staat werde einen Teil der Ersparnisse konfiszieren, um Renten und Gehälter zu zahlen, meldete "Eleftheros Typos". Das Massenblatt "Ta Nea" warnte, Sparern drohe ein Guthabensverlust bis zu 55 Prozent.

Die Medien spiegeln die Verunsicherung, ja die Panik der Menschen. Welche Akzente sie setzen, hängt davon ab, wo sie politisch angesiedelt sind. So meldete die erzkonservative "Estia" den "Infarkt der Wirtschaft". Die Finanzzeitung "Naftemporiki" sieht "Griechenland in der Isolation". Dagegen titelte die regierungsnahe "Efimerida ton Syntakton" mit einem Tsipras-Zitat: "Ich lasse mich nicht unterkriegen!"

Regierungsnahe Medien nehmen vor allem die Bundesregierung aufs Korn: "Wenig Zuckerbrot, viel Peitsche", setzte "Efimerida ton Syntakton" über ein Foto von Angela Merkel und Sigmar Gabriel. Vor allem Berlin sei für die "barbarischen" Sparauflagen verantwortlich, giftete das Blatt. Liebster Feind ist Finanzminister Wolfgang Schäuble, den "Avgi", die Zeitung der Regierungspartei Syriza, auch schon als KZ-Kommandanten karikiert hat.

Die sozialen Netzwerke sind voll von Anspielungen auf die NS-Vergangenheit. So präsentierte Dimitris Kammenos, Abgeordneter der rechtspopulistischen Regierungspartei "Unabhängige Griechen", bei Facebook eine Fotomontage. Sie zeigt das Tor zum KZ Auschwitz. Der Schriftzug "Arbeit macht frei" ist durch die Worte "Wir bleiben in Europa" ersetzt - das Motto, unter dem am Dienstag rund 10 000 Menschen für ein Ja demonstrierten.

Die Privatsender Skai und Mega Channel sowie das Staatsfernsehen ERT berichten fast pausenlos über die Entwicklungen. Sogar Richard Quest, der Star-Reporter des US-Nachrichtenkanals CNN, ist nach Athen geeilt. Dort berichtet er gewohnt theatralisch von einem Hotelbalkon am Syntagmaplatz nahe dem Parlament, um sich dann von einem griechischen Reporter interviewen zu lassen. Er sei nicht zum ersten Mal in Athen, erzählt Quest, hier habe er schon Straßenschlachten gesehen und Tränengas gerochen. "Einen griechischen Strand habe ich aber noch nie gesehen."

(höh)
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