Washington Die Rache der Ex

Washington · In der Affäre um die Russland-Kontakte seines Wahlkampfteams gerät US-Präsident Trump weiter in Bedrängnis. Jetzt haben Ex-Justizministerin Sally Yates und der ehemalige US-Geheimdienstdirektor James Clapper in dem Fall ausgesagt.

Als Michael Flynn nach nur 24 Tagen im Amt seinen Hut nehmen musste, glaubte Donald Trump einen Befreiungsschlag gelandet zu haben. Der Rücktritt seines Sicherheitsberaters sollte all jenen den Wind aus den Segeln nehmen, die alarmiert von einer Russland-Connection des US-Präsidenten sprachen, von dubiosen Kontakten zum Kreml auf Kosten der amerikanischen Demokratie. Von einem Schlussstrich kann indes keine Rede sein. Die Affäre um Flynn zieht Kreise, und Trump begleitet sie mit wüsten Twitter-Attacken, die wiederum die Frage aufwerfen, warum der Mann nicht gelassener reagiert, wenn er nichts zu verbergen hat.

Als Letztes knöpfte er sich Sally Yates vor, einst stellvertretende Justizministerin, von einem Tag auf den anderen entlassen, weil sie sein Einreiseverbot für Bürger aus bestimmten muslimisch geprägten Staaten nicht verteidigen wollte. Yates habe die Medien mit ihren Falschmeldungen extrem unglücklich gemacht, höhnte Trump in einem Tweet, "denn außer alten Nachrichten hatte sie nichts zu bieten". Tatsächlich kritisierte die Juristin das Staatsoberhaupt dafür, dass er Flynn einen Schlüsselposten anvertraut hatte, obwohl er gewusst haben muss, dass der Ex-General erpressbar sei.

Nach Weihnachten hatte Flynn mit dem russischen Botschafter in Washington telefoniert und ein Ende von Sanktionen in Aussicht gestellt, im Weißen Haus jedoch nicht die Wahrheit über den Inhalt des Gesprächs gesagt. Die Russen wussten von seiner Lüge, folglich hätten sie ihn leicht erpressen können, sagte Yates am Montag bei einer Anhörung im Kongress. Trump habe fahrlässig gehandelt, indem er Flynn nicht früher feuerte. Der frühere US-Geheimdienstchef James Clapper sagte ebenfalls am Montag aus. Russland habe sich im Juli 2016 in den US-Wahlkampf eingemischt und sei nun ermutigt, dies in den USA und anderswo in der Welt wieder zu tun.

Die Russland-Connection: Selbst intensiven Beobachtern der Washingtoner Szene fällt es schwer, noch den Überblick zu behalten. Sowohl Repräsentantenhaus als auch Senat versuchen Licht ins Dunkel des Beziehungsgeflechts zu bringen, während die Bundespolizei FBI herausfinden will, ob Trumps Mannschaft mit Moskau kooperierte, um das Wahlduell gegen Hillary Clinton zu gewinnen. Etwa durch Absprachen, die zu russischen Hackerangriffen auf die Parteicomputer der Demokraten führten.

Kein nüchterner Kommentator würde sich zu der These versteigen, Wladimir Putin habe das Rennen im Endeffekt zugunsten Trumps entschieden. Dass 63 Millionen Amerikaner für den Milliardär stimmten, hatte Gründen, die mit russischer Beeinflussung nichts zu tun hatten. Was allerdings geklärt werden muss, ist der Verdacht, nach dem Strategen im Umfeld Trumps ihre Kontakte nach Russland gezielt nutzten, um seiner Kontrahentin zu schaden.

Da ist Paul Manafort, bis August Kampagnenchef des republikanischen Kandidaten. Der PR-Profi musste gehen, weil seine Nähe zu Wiktor Janukowitsch, dem pro-russischen Ex-Präsidenten der Ukraine, eingeschlossen geheime Barzahlungen an ihn, für Wirbel sorgte. Zudem soll er in Diensten Oleg Deripaskas gestanden haben, eines mit Putin befreundeten Milliardärs - was Deripaska allerdings verneint.

Carter Page, einst außenpolitischer Ratgeber in Trumps Team, arbeitete für die Investmentbank Merrill Lynch in Russland. Ausgerechnet im Juli 2016, in dem Monat, in dem Demokraten wie Republikaner ihre Bewerber fürs Oval Office kürten, reiste er wieder einmal nach Moskau. Zufall oder nicht? Roger Stone, ein alter Vertrauter Trumps, ein Spezialist für Schlammschlachten, war offenbar vorab im Bilde, als die Enthüllungsplattform Wikileaks brisante E-Mails aus dem Fundus der Demokraten publik machte. Alles Indizien, keine Beweise, bislang jedenfalls.

Was den Washingtoner Historiker Allan Lichtman indes nachdenklich stimmt, sind die merkwürdigen Argumente, die das Weiße Haus in die Debatte wirft. Pressesprecher Sean Spicer etwa spielte die Causa Manafort herunter, indem er allen Ernstes behauptete, der Mann habe im Wahlkampf nur eine "sehr begrenzte" Rolle gespielt. Das rief die Skeptiker erst recht auf den Plan. Gleiches gilt für die Art, mit der Trump eine Nebelkerze zündete, indem er das Gerücht in die Welt setzte, sein Vorgänger Barack Obama habe ihn in seinem New Yorker Hochhaus abhören lassen.

(RP)
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