Die Straße ist kein guter Ort für Aufklärung

Seien wir ehrlich: Die meisten von uns haben Pegida, als der Zuspruch geringer wurde und vereinzelte Demonstrationen abgesagt werden mussten, belächelt - als eine Art rechtspopulistische Folklore, die uns nur noch nervte, weil sie pünktlich zum Feierabend den Straßenverkehr behinderte.

Unterschätzt haben wir dabei das Ausmaß der Empörung. Die nämlich ist mit der Zeit nicht geringer geworden, sie war zwischenzeitlich nur wieder etwas mehr unter der Oberfläche verschwunden. Unsere Missachtung schien sogar etwas Gutes zu haben, als würde Pegida jetzt medial ausgehungert. Ein Trugschluss. Weil Pegida in seiner Tiefenschicht ein Ausdruck von Angst und Ohnmacht derer ist, die mitlaufen. Angst vor Veränderung und Globalisierung, vor Entfremdung und dem Verlust alter Sicherheiten. Ihre Sehnsucht ist eine homogene Gesellschaft, die es für ein paar Jahrzehnte allenfalls im künstlich erzeugten Sperrgebiet der DDR geben konnte. Mit Pegida umzugehen, ist darum schwer, weil den diffusen Ängsten mit Argumenten kaum beizukommen und die Straße kein guter Ort für Aufklärung ist. Pegida bleibt also radikal und gefährlich. Ein schaler Trost zum Jahrestag: Diese Gefahr wird für uns alle wenigstens weiter im Blickfeld bleiben.

(los)
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