Düsseldorf Die Zeit nach Pretzell

Düsseldorf · Die AfD in NRW trifft sich zum Parteitag. Es geht um Personalien - und um finanzielle Unregelmäßigkeiten.

Den ganz großen Knall erwartet in der NRW-AfD für den anstehenden Parteitag niemand. Schließlich ist der bisherige Landeschef Marcus Pretzell, um dessen Zukunft es dort auch hätte gehen sollen, bereits seiner Ehefrau Frauke Petry gefolgt und hat der AfD den Rücken gekehrt. Inzwischen haben drei Abgeordnete die Fraktion verlassen, zuletzt gestern Frank Neppe.

Dennoch könnte es am Wochenende spannend werden: Der tief gespaltene Verband soll nicht nur einen neuen Vorstand wählen; auch die Arbeit der bisherigen Spitze um Pretzell wird Thema sein. Vor allem bei Konto- und Kassenführung soll es Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Rund 450 Delegierte entscheiden im oberbergischen Wiehl, wer den Landesverband in welche Richtung führen soll. Setzt sich nach Pretzells Austritt der rechte Flügel durch?

Die Debatte um den alten dürfte die Wahl des neuen Vorstands hinauszögern - das Antragsbuch zum Parteitag, das unserer Redaktion vorliegt, umfasst 45 Seiten. Bei den meisten Anträgen geht es um Änderungen der Landessatzung: So soll etwa der Vorstand für ein Jahr statt für zwei Jahre gewählt werden, einen eigenen Schriftführer haben und jährlich einen Rechenschaftsbericht ablegen; der Schatzmeister soll einen Vize bekommen, das Landesschiedsgericht neun statt fünf Richter umfassen. Zudem sollen strengere Regeln für die Aufstellung von Delegierten für Parteitage gelten. Andere Antragsteller plädieren für insgesamt mehr Mitgliederparteitage.

Bei einigen Anträgen könnte es dann pikant werden: Einer befasst sich mit "möglichen finanziellen Unregelmäßigkeiten innerhalb der Konto- bzw. der Kassenführung des Landesverbands". Der Antragssteller fordert eine "unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Durchführung einer Sonderprüfung". Es gehe um "mögliche Abrechnungen parteifremder Leistungen über Mittel des Landesverbandes" und Abrechnungen von "(fingierten) Leistungen zu deutlich überteuerten Marktpreisen (Untreue)". Damit seien unter anderem der Pretzell-Werbefilm sowie Wahlplakate auf Ströer-Werbeflächen gemeint, heißt es aus Parteikreisen.

"Detaillierte Nachweise" über die Ausgaben für den Landtagswahlkampf und Einsicht in die Unterlagen des Schatzmeisters fordert auch ein anderer Antragsteller. 1,35 Millionen Euro soll die NRW-AfD dafür vom Bundeskonvent erhalten haben, heißt es darin. Dabei soll es im Landesverband "lediglich rudimentäre Wahlkampfaktivitäten einiger Weniger" gegeben haben, kritisiert der Antragsteller.

Für die Spitze gibt es drei Varianten, über die es vorher abzustimmen gilt: Laut ihrer Satzung kann die AfD von einer Person geführt werden, von einer Doppelspitze wie bisher - oder von einem Trio. Als wahrscheinlich gilt, dass sich der bisherige Co-Sprecher und Pretzell-Gegner Martin Renner für alle drei Varianten ins Spiel bringt. Dass er als Spitzenkandidat in den Bundestag eingezogen ist, sehen viele Mitglieder allerdings als Handicap. Daher ist eine Doppel- oder Dreifachspitze wahrscheinlicher - bestehend aus einem Bundestagsabgeordneten (Renner), einem Mitglied der Landtagsfraktion und jemandem, der keine Mandate hat.

Aber Renner hat Konkurrenz. Denn dass Pretzell ausgeschieden ist, bedeute nicht, dass es keine Anhänger mehr im Landesverband gebe, heißt es aus Parteikreisen. Jörg Schneider, Bundestagsabgeordneter und Lehrer aus Gelsenkirchen, gilt als solcher. Er will ebenfalls Landessprecher werden. Dagegenhalten wollen neben Renner Michael Schild aus Unna, Sonja Schaak aus Lippe sowie möglicherweise Thomas Röckemann aus dem Kreis Minden-Lübbecke. Markus Mohr, Vertrauter von Björn Höcke, will sich um den Posten des stellvertretenden Sprechers bewerben.

(jra)
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