Doppelstrategie in Landtagswahlkämpfen Die zwei Gesichter der AfD

Düsseldorf · Moderate Töne im Westen, Provokationen im Osten - eine Studie bescheinigt der rechtspopulistischen Partei eine "Doppelstrategie" im Landtagswahlkampf. Umfragen zufolge hat die AfD damit in allen drei Bundesländern Erfolg.

 André Poggenburg stellt Wahlkampfplakate vor.

André Poggenburg stellt Wahlkampfplakate vor.

Foto: dpa, jew pzi dna

Sie haben alle drei das gleiche Ziel, gehen aber unterschiedliche Wege: Die AfD-Landesverbände Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wollen am 13. März in die Landtage gewählt werden. Während sich die AfD im Westen dafür bürgerlich-konservativ gibt, setzt sie im Osten auf völkisch-nationalistische Töne. Zu dem Ergebnis kommt eine von der Otto-Brenner-Stiftung in Auftrag gegebene Studie, die die Partei insbesondere mit Blick auf die Landtagswahlen untersucht hat.

Gemeinsam haben die Landesverbände demnach ihren rechtskonservativen ideologischen Kern. Als Gegenpol zum Merkelschen Modernisierungskurs versuche die AfD an bestehende Ängste und Ressentiments der Bürger anzuknüpfen, "indem sie die aktuelle asylpolitische Lage zuspitzt", so die Autoren. Doch dabei gehen sie je nach Landesverband unterschiedlich drastisch ran. Das innerparteiliche Ost-West-Gefälle machen die Autoren des Göttinger Instituts für Demokratieforschung an drei Faktoren deutlich: den Spitzenkandidaten, den Parteiprogrammen und der Organisation.

Für die AfD Baden-Württemberg steht der bürgerlich situierte fünffache Vater und Wirtschaftsprofessor Jörg Meuthen. In der Partei gilt er als Liberaler mit konservativem Gesellschaftsbild, "der sachlichen Diskurs schätze und mit den schrillen Tönen eines Björn Höcke nichts anfangen könne", so die Autoren. Daneben sein rheinland-pfälzisches Pendant Uwe Junge, Oberstleutnant der Bundeswehr mit christdemokratischer Parteierfahrung - "ein Archetyp rheinischer Nahbarkeit".

Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt dagegen: "Der 40-jährige Handwerker und erfolglose Kleinstunternehmer André Poggenburg, jüngst wegen Zahlungsrückständen per Haftbefehl gesucht." Während sich Meuthen und Junge der Studie zufolge moderater, klassisch-konservativ gegenüber ihrer bürgerlichen Wählerschaft zeigen, provoziere Polit-Neuling Poggenburg im Osten "mit extrem rechten Sprachbildern". Er sei Kopf eines stärker auf Empörung, Konflikt und Abgrenzung zielenden Landesverbandes.

Das spiegele sich auch in den Programmen wider: Während die Verbände im Westen radikale asylpolitische Forderungen aussparen, positioniere sich die AfD in Sachsen-Anhalt völkisch-nationalistisch: Die Familie müsse als "natürliche Grundeinheit des Menschen" wieder anerkannt und die "nationale Identität als basales Ordnungsprinzip" gestärkt werden. Dabei trete der Ost-Verband als "Bewegungspartei" auf, setze stärker auf Straßenproteste und marschiere dabei teils auch mit extrem rechten Gruppierungen auf. Im Westen nutze die AfD eher Bürgerdialoge und Vortragsabende - wobei Meuthen und Junge, laut Studie "geübt im souveränen Auftritt", durchaus changieren können zwischen "massenmedialer Pose und markiger Ansprache" in kleinerem Kreis.

So oder so, ihre Doppelstrategie im Wahlkampf scheint aufzugehen: Laut einer Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks liegt die AfD in Sachsen-Anhalt mit 17 Prozent nur noch einen Prozentpunkt hinter der SPD. Auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ist die Prognose im zweistelligen Prozentbereich. Und selbst wenn die AfD bundesweit laut aktuellem ZDF-"Politbarometer" mit einem Prozentpunkt Verlust bei zehn Prozent liegt, wird der Partei aller Voraussicht nach am 13. März der Einzug in die Landesparlamente in Mainz, Stuttgart und Magdeburg gelingen. Die Gelegenheit ist laut Studie denkbar günstig, das Wählerpotenzial gebe es im Osten wie im Westen. Und die innerparteilichen Unterschiede seien weder umfassend noch statisch, betonen die Autoren. "Auch im Westen wird die Auseinandersetzung mit der AfD schärfer. Viele ihrer Kandidaten haben Radikalisierungspotenzial."

(RP)
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