Drohungen gegen deutsch-türkische Bundestagsabgeordnete Ditib verurteilt Anfeindungen gegen Parlamentarier

Berlin · Elf türkischstämmige Bundestagsabgeordnete werden massiv bedroht, weil sie nicht gegen die Armenien-Resolution gestimmt haben.

 Der türkische Präsident Recep Erdogan droht deutschen Bundestagsabgeordneten.

Der türkische Präsident Recep Erdogan droht deutschen Bundestagsabgeordneten.

Foto: dpa, tb jak jai

In Deutschland lebende Türken, die sich der Hetze des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegen elf türkischstämmige Bundestagsabgeordnete anschließen, müssen unter Umständen mit Konsequenzen der Ausländerbehörden rechnen. "Wer sich als ausländischer Staatsbürger in Deutschland dieser Hetze Erdogans anschließt, muss sich fragen, ob er bei uns noch gut aufgehoben ist", sagte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), unserer Redaktion. "Wer so denkt und redet, hat sich in dieses Land und seine Rechtsordnung eben nicht integriert. Und dieser Umstand muss natürlich auch bei Entscheidungen über Aufenthaltstitel berücksichtigt werden", so Krings.

Der Bundestag hatte die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915 als Völkermord eingestuft und damit hasserfüllte Reaktionen Erdogans und vieler Türken ausgelöst. Erdogan verunglimpfte elf türkischstämmige Abgeordnete als verlängerten Arm der verbotenen Kurden-Partei PKK. Die elf Parlamentarier, die im Bundestag nicht gegen die Armenien-Resolution gestimmt hatten, sehen sich und ihre Familien seitdem massiven Bedrohungen und Beleidigungen ausgesetzt. Mehrere von ihnen haben Reisen in die Türkei abgesagt. Das Auswärtige Amt hatte ihnen zuvor von solchen Reisen abgeraten. Auf Anfragen von Journalisten wollte gestern keiner der elf Parlamentarier mehr reagieren: Man wolle sich öffentlich nicht mehr äußern, um die Stimmung nicht noch weiter anzuheizen, hieß es aus den Fraktionen.

Alle elf Abgeordneten stehen seit Samstag unter Polizeischutz. Einer der Initiatoren der Resolution war der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir, gegen den sich die Morddrohungen nun häufen. Das Bundeskriminalamt hat ihm daher bereits Leibwächter bei öffentlichen Terminen an die Seite gestellt.

"Ich erwarte von den türkischen Verbänden in Deutschland, dass sie die Drohungen gegen uns Abgeordnete deutlich verurteilen und zu einer Versachlichung der Debatte beitragen", sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), am Samstag.

Die türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), die nach eigenen Angaben 70 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime vertritt, reagierte darauf und rief zur Vernunft auf. "Hetzerische Diffamierungen, Gewaltbereitschaft und entmenschlichende Anfeindungen sind keine legitimen Mittel, um in einer demokratischen Gesellschaft Konflikte und Meinungsverschiedenheiten auszutragen", sagte Bekir Alboga, Generalsekretär von Ditib. "Niemals dürfen wir es zulassen, dass Meinungsverschiedenheiten zu Hass führen, der uns verblendet und zur Gewalt verleitet", betonte er. "Wir verurteilen jede öffentliche Schmähung, jeden Aufruf zu Hass und Gewalt."

(mar)
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