Bundesrat Ehepartner soll bei Notfall entscheiden

Berlin · Die Länder wollen Eheleute automatisch als Betreuer einsetzen, wenn der Partner verunglückt oder psychisch schwer erkrankt. Der Bundesrat wird das voraussichtlich am Donnerstag beschließen.

Wenn ein Mensch wegen Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit nicht mehr über sich selbst bestimmen kann, soll in Fragen der Gesundheitsversorgung künftig automatisch der Ehepartner die Entscheidungen treffen können. Dies sieht eine Bundesratsinitiative aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg vor, die am Donnerstag in der Länderkammer zur Abstimmung steht. NRW geht davon aus, dass alle 16 Länder ihre Zustimmung geben werden. Auch für eingetragene Lebenspartnerschaften soll die geplante Regelung gelten.

Bislang benötigen Ehepartner eine schriftliche Vollmacht, damit sie über Untersuchungen oder ärztliche Engriffe entscheiden können. Wenn eine solche Vollmacht nicht vorliegt, muss ein Gericht einen Betreuer für die Person suchen, die nicht mehr selbst über ihre Belange entscheiden kann. In die Rolle der Betreuer können über den Gerichtsumweg dann auch die Ehegatten kommen. Allerdings trifft dies aktuell nur auf 40 Prozent der Fälle zu.

NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) sieht Handlungsbedarf, weil er davon ausgeht, dass die meisten Bürger die geltende Rechtslage falsch einschätzen. Es sei ein verbreiteter Irrglaube, dass ein Ehepartner für den anderen im Notfall Entscheidungen treffen könne, sagte Kutschaty unserer Redaktion. Das sei in der aktuellen Rechtslage aber nicht der Fall.

"Stellen sie sich vor, die Ehefrau steht am Krankenbett ihres Ehemannes und hört: Sie können nichts entscheiden. Das kann nur der Richter", führte Kutschaty aus. Die Gerichte entschieden zwar gut und schnell. Niemand kenne aber die Bedürfnisse des Betroffenen besser als die eigene Ehefrau oder der eigene Ehemann.

"Das stärkt die Selbstbestimmung der Betroffenen"

Die bisherige Rechtslage soll nun ins Gegenteil verkehrt werden. Bislang galt: Wenn der Ehepartner keine Vorsorgeerklärung hinterlassen hat, ist das Gericht zuständig. Künftig soll gelten: Der eigene Mann, die eigene Frau oder der Lebenspartner übernehmen in einem Notfall automatisch die Betreuung. Es sei denn, der Ehepartner hat dem ausdrücklich widersprochen. "Das stärkt die Selbstbestimmung der Betroffenen", betonte der NRW-Justizminister.

Nordrhein-Westfalen wäre gern sogar noch einen Schritt weiter gegangen und hätte den Ehepartnern in solchen Notfällen gern auch die Betreuung in anderen Lebensbereichen übertragen - beispielsweise für Bankgeschäfte und zur Unterzeichnung von Verträgen. Darauf aber konnten sich nicht alle 16 Länder einigen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz befürchtet eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts. "Sehr unglaubwürdig ist, dass die Justizminister der Länder sich allein vom weit verbreiteten Irrglauben leiten lassen, Partner könnten automatisch füreinander sprechen", sagte der Vorsitzende Eugen Brysch.

Der Patientenschützer vermutet finanzielle Interessen der Länder. Schließlich gäben diese eine Milliarde Euro für Betreuungen aus. "Genau bei diesen Ausgaben wollen die klammen Justizverwaltungen sparen", warf Brysch den Ländern vor. Nun erhielten die Notarkammern mit der Registrierung der Widersprüche und Vollmachten eine Lizenz zum Gelddrucken.

Die Bundesregierung wollte sich nicht vor dem Bundesratsbeschluss zu dem Gesetzentwurf äußern. Allerdings hatte sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bei der Justizministerkonferenz der Länder kürzlich bereits skeptisch zum Vorhaben seiner Länderkollegen geäußert.

(may- / qua)
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