Berlin Ein neues Lexikon erklärt die Bundeskanzlerin

Berlin · Von A wie "Alternativlos" bis Z wie "Zonenwachtel" erfährt man, wie Merkel denkt und was sie fühlt.

Sie erklärt ihre Politik nicht ausreichend - das ist sicherlich der Vorwurf, den die Kanzlerin im Laufe ihrer nun fast elfjährigen Amtszeit wohl am häufigsten zu hören bekam. Für alle, die sich darüber nicht nur ärgern, sondern den Kosmos der Kanzlerin verstehen wollen, gibt es jetzt "Das Merkel-Lexikon".

Verfasst hat es der Berliner Chef-Korrespondent der Agentur Reuters, Andreas Rinke, der Merkel noch vor ihrem ersten Amtsantritt 2005 das erste Mal interviewte und seitdem ihre Politik kontinuierlich beobachtet. Agenturjournalisten sind stets bemüht, so wenig subjektive Färbung wie möglich in ihre Berichte zu bringen. In diesem Stil ist auch das Merkel-Lexikon verfasst. Es ist in vielen Passagen so nüchtern wie die Kanzlerin selbst.

Das Buch hat inklusive Anhang und Quellennachweis knapp 450 Seiten und reicht von A wie "Alternativlos" bis Z wie "Zonenwachtel". Die Erläuterungen zu den Stichworten, mit denen Rinke die Politik der Kanzlerin erklärt, fallen deutlich länger aus als jene Passagen zu persönlichen Begriffen wie Dekolleté, Joachim Sauer oder Konfirmationsspruch.

Über mehrere Seiten beschäftigt sich der Journalist etwa mit Merkels Flüchtlingspolitik. Er schildert ihre Beweggründe, beleuchtet die Fehler der Regierung in der dramatischen Phase der Flüchtlingskrise und schreibt, wie es zu dem Eindruck kommen konnte, Merkel habe die Flüchtlinge eingeladen. Ausführlich kommen auch ihr enges, aber nicht spannungsfreies Verhältnis zu China und die komplizierte Beziehung zum russischen Präsidenten Wladimir Putin vor.

Der Autor plaudert durchaus auch aus dem Nähkästchen. So erfährt der Leser unter dem Stichwort Verschwiegenheit, dass dies eine Sekundärtugend sei, die Merkel besonders schätze. Zugleich findet sich dort eine hübsche Anekdote aus Nigeria: Der frühere nigerianische Präsident Goodluck Jonathan fragte Merkel beim Mittagsbankett, ob es stimme, dass sie ihrem Mann das Frühstück zubereite. Als Merkel bejahte, stand Jonathan auf und erklärte sie zum Vorbild für alle nigerianischen Frauen.

Außerdem finden sich interessante Nebensächlichkeiten: ihre Lieblingskette (eine aus Bernstein), wie sie ihre Frisur auf Reisen hinbekommt (Fachfrau im Reisetross) und wie Barack Obama ihren Humor findet ("sehr gut").

Wenig überraschend: Zu den kürzesten Abschnitten gehört jener, der dem Stichwort "Glamour" folgt. Kurz schildert der Autor unter dem Begriff, was Merkel alles nicht tut.

Buch Andreas Rinke: Das Merkel-Lexikon. Die Kanzlerin von A-Z, Klampen Verlag, 447 Seiten, 24,80 Euro.

(qua)
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