Kolumne: Mit Verlaub! Ein Plädoyer für viele George-Bush-Straßen

Sein Sohn George "Dabbelju" hat uns an Amerika verzweifeln lassen, aber dem US-Präsidenten Bush senior sind gerade wir Deutsche zu besonderem Dank verpflichtet.

Zucken Sie nicht zusammen: Ich bin dafür, einmal Straßen, Plätze und Brücken in Deutschland nach dem ehemaligen US-Präsidenten George H. W. Bush zu benennen. Gemeint ist natürlich Bush d. Ä., der Vater, der von 1989 bis 1993 im Oval Office saß, nicht dessen Sohn, der von 2001 bis 2009 dort ebenfalls saß, aber besser nicht dort gesessen hätte. Zwischen George H.W. Bush und George W. ("Dabbelju") Bush liegen staatsmännische Welten.

Vater Bush war ein amerikanischer Gentleman und weltweiser Diplomat, dem wir Deutsche besonders in den elf Wundermonaten zwischen dem Fall der Mauer am 9. November 1989 in Berlin und dem Tag der Einheit am 3. Oktober 1990 sehr viel zu verdanken haben. Sohnemann Bush hingegen verkörperte den irritierenden Typus "Cowboy mit Atomwaffen". Er hat es tatsächlich fertiggebracht, selbst treue deutsche Amerika-Freunde an "God's own country" zweifeln, ja verzweifeln zu lassen.

Vater Bush war uns Deutschen, obwohl es unter Staaten eigentlich so etwas nicht gibt, ein Freund. In den Erinnerungen Helmut Kohls, des "Kanzlers der Einheit", ist nachzulesen, wie zuverlässig die damalige US-Administration die deutsche Jahrhundert-Chance von Beginn an beförderte. Wenn Straßen, Plätze und Brücken im Westen Deutschlands nach dem Kurzzeit-Präsidenten John F. Kennedy (1961-1963) benannt wurden, lag das an dessen Charisma, Verführer-Rhetorik ("Ich bin ein Berliner") und an Kennedys die Welt erschütterndem, gewaltsamem Ende in Dallas/Texas nur fünf Monate nach dem Triumphzug durch den freien Teil Deutschlands.

Wenn Präsident Bush d.Ä., - er ist 90 Jahre alt - einst seine Augen schließt, ist kein ehemaliger US-Präsident verschieden, der die Herzen der Deutschen im Sturm zu erobern vermochte. Aber er war es, der gemeinsam mit dem zunächst zögerlichen sowjetischen Konkursverwalter Michail Gorbatschow und unserem "Marschall Vorwärts" im Kanzleramt dafür sorgte, dass das berühmte historische "Fenster der Gelegenheit" 1989/1990 für 329 Tage offen blieb. Wäre es nach der britischen Premierministerin Margaret Thatcher oder dem französischen Staatschef François Mitterrand gegangen, hätte sich besagtes Fenster getrost schließen dürfen, bevor aus zwei deutschen Staaten wieder ein Land wurde. Es war der mächtige Ami George H. W. Bush, der den nicht ganz so Mächtigen in London und Paris klarmachte, dass Widerstand gegen die deutsche Einheit zwecklos und unklug obendrein sei. In den USA mag George H.W. Bush nicht zur kleinen Riege der großen Präsidenten zählen. Für uns Deutsche war er ein Großer.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort