Einwanderungsgesetz Wer ist bei uns willkommen?

Berlin · Der Druck auf die CDU, ein Einwanderungsgesetz zu schaffen ist groß. SPD und Grüne sprechen sich ebenso dafür aus wie die AfD. Allerdings wollen die beiden Lager mit einem solchen Gesetz Gegenteiliges erreichen.

Tausende demonstrieren gegen "Pegida"
24 Bilder

Tausende demonstrieren gegen "Pegida"

24 Bilder

CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat die Büchse der Pandora geöffnet, als er sich in der vergangenen Woche für ein Einwanderungsgesetz aussprach. Er bekam Applaus von SPD und Grünen, die darin die Chance sehen, ein liberaleres Zuwanderungsrecht zu schaffen. Auch die AfD meldete sich zu Wort und sprach sich für ein Einwanderungsgesetz aus, das den Zustrom nach Deutschland stärker begrenzt.

Zwischen den Stühlen sitzt nun die Union, die sich intern nicht einig ist. Die CSU lehnt ein eigenes Einwanderungsgesetz ab, ebenso die Spitze der Fraktion. Der Generalsekretär, eine Reihe jüngerer Abgeordneten und der Wirtschaftsflügel sehen hingegen in einem Einwanderungsgesetz viele Chancen: Eine gezielte Einwanderung könnte den Fachkräftemangel hierzulande lindern und auch durch bessere Auswahl der Zuzügler die Integration verbessern.

Ist Zuwanderung außer Kontrolle geraten?

"Derzeit haben die Menschen den Eindruck, es werde zwar gesagt, wir hätten strenge Gesetze, dass die Zuwanderung dennoch außer Kontrolle geraten ist", sagt Thomas Jarzombek, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Düsseldorf. Ein Einwanderungsgesetz böte die Chance, dass Zuwanderer schon mit Deutschkenntnissen kämen und sich mit den Grundwerten der Gesellschaft auseinandergesetzt haben müssten.

Aktuell ist die Zuwanderung nach Deutschland in einem "Sammelsurium" von Gesetzen geregelt, wie es CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn ausdrückt, der auch zu den Befürwortern eines Einwanderungsgesetzes gehört. Das heißt, ein neues Einwanderungsgesetz würde nicht auf einem weißen Blatt Papier entstehen. Vielmehr würde es zunächst die bestehenden Regelungen zusammenfassen, die es zur Flüchtlings- und Asylpolitik, zur EU-Freizügigkeit sowie zur Einwanderung von Hochqualifizierten und von Fachleuten aus bestimmten Branchen wie Pflege bereits gibt. Die entscheidende Frage ist, ob diese Regeln mit einem Kriterienkatalog für willkommene Zuwanderer oder einem Punkte-System nach kanadischem Vorbild ergänzt werden sollten.

Punktesystem würde starre Regelung auflösen

Heute dürfen Fachkräfte nach Deutschland kommen, wenn sie einen festen Arbeitsplatz und ein Brutto-Einkommen von mindestens 3400 Euro monatlich nachweisen können. Ein Kriterienkatalog oder ein Punktesystem würde diese starre Regelung auflösen.

Im Innenministerium gibt es dagegen entschiedenen Widerstand: "Soweit ein Punktesystem für die Einwanderung als Ersatz für den Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzes vorgeschlagen wird, so sollten wir davon die Finger lassen", sagt Innenstaatssekretär Günter Krings. Wer auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine Chance habe, könnten Arbeitgeber besser beurteilen als der Staat.

Die Debatte belegt, dass es bei möglichen Neuregelungen in einem Einwanderungsgesetz nur um den kleineren Teil der Zuwanderer nach Deutschland geht. Von den mehr als 400.000 ausländischen Zuzüglern, die jährlich nach Deutschland kommen, stammt die Mehrheit aus dem EU-Raum, wie die Daten von 2013 zeigen. Innerhalb der Europäische Union herrscht Freizügigkeit. Viel zu regeln gibt es da nicht. Ein weiterer großer Teil fällt unter die Asyl- und Flüchtlingsbestimmungen, deren Verfahren nun beschleunigt werden sollen. Bei den Zuwanderern aus der Türkei spielt nach wie vor der Familiennachzug eine große Rolle.

"Zuwanderungsregeln klarer und übersichtlicher gestalten"

Die Sozialdemokraten sehen vor allem angesichts der vielen Regelungen für unterschiedliche Gruppen Handlungsbedarf: "Wir müssen unsere Zuwanderungsregeln klarer und übersichtlicher gestalten", sagt Fraktions-Vize-Chefin Eva Högl. Sie spricht sich für gezielte und mehr Zuwanderung aus: "Wir werden in Zukunft unseren Wohlstand nur erhalten können, wenn Einwanderer in unser Land kommen. Ich gehe davon aus, dass wir künftig auch mehr Einwanderer brauchen als wir heute haben." Vom Einwanderungssystem Kanadas ist sie nicht überzeugt. Durch das Punkte-System fielen teilweise sogar Hochqualifizierte durchs Raster. "Gut finde ich den Vorschlag des CDU-Generalsekretärs Tauber, einen Kriterienkatalog zu erstellen, wer eigentlich zu uns kommen soll."

Die SPD-Fraktion will bis Ende Februar ein Konzept für ein Einwanderungsgesetz vorlegen. Auch in der Union sammeln sich die Truppen, die ein Papier erarbeiten wollen. Dies müssen sie allerdings gegen den Willen ihrer Fraktionsspitze machen. Da ein Einwanderungsgesetz nicht im Koalitionsvertrag steht, sind die Chancen auf eine Umsetzung mäßig groß. Spätestens im Wahlkampf 2017 wird es wieder eine Rolle spielen.

(qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort