Persönlich Emma Morano . . . kommt aus dem 19. Jahrhundert

An meinen Großvater Karl Kessler, geboren 1889, habe ich noch eine lebhafte Erinnerung. Farbig und einprägsam konnte er Geschichten aus dem Ersten Weltkrieg, den 20er Jahren und der Besatzungszeit in Frankreich erzählen. Er starb 1971. Die Italienerin Emma Morano (116) ist zwar zehn Jahre später geboren, dafür lebt sie noch - als ältester Mensch der Welt und einziger belegbarer aus dem 19. Jahrhundert.

Auch sie kann noch immer aus ihrer Jugend, dem Ersten Weltkrieg, dem Faschismus, aber auch dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg berichten. Morano stammt aus dem Piemont, dem Dorf Civiasco, wo sie am 29. November 1899 als ältestes von acht Geschwistern geboren wurde. Als 16-jähriges Mädchen siedelte sie nach Pallanza über, am Lago Maggiore, wo sie heute noch wohnt. Nur der Ort heißt nach einer Gebietsreform nun Verbania.

Morano hat ein beschauliches Leben geführt. Doch sie bewies Persönlichkeit, als sie sich 1938 von ihrem Mann trennte, weil der gewalttätig war. Das war im faschistischen Italien alles andere als selbstverständlich. Seitdem lebt und liebt die resolute Italienerin ihre Unabhängigkeit. Gegenüber Männern hat sie eine realistische Haltung. Und die gibt sie den Frauen wie etwa ihrer Haushaltshilfe Mila gern weiter. "Verlobt euch nicht mit den Erstbesten, der euch über den Weg läuft", mahnte sie immer wieder.

Ihr langes Leben macht sie nun zur Attraktion des Ortes. Die ansässige Schriftstellerin Mariangela Camocardi stellte eigens für sie eine Collage aus Gesang, Tanz, Theater, Film und Vortrag zusammen, der ihr Leben in den Kontext des Jahrhunderts stellte: Auswanderung, Motorisierung, Mondlandung, Computertechnik. Und dazu die Erlebnisse und Probleme der inzwischen prominentesten Bewohnerin des Ortes. Die Italiener lieben ihre Nonna (deutsch: Oma). An ihrem 117. Geburtstag soll die Aufführung in Verbanias neuem Theater wiederholt werden.

(RP)
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