Droht Engpass? Erdgas-Vorräte sinken auf Tiefstand

Berlin · Die Reserven in den 50 Gaslagerstätten betragen trotz des milden Winters nur noch ein Drittel, obwohl Ukraine-Krise und Heizperiode nicht vorüber sind. Die Opposition fordert Minister Gabriel auf, eine nationale Erdgasreserve zu schaffen.

Die Heizperiode in diesem Winter ist noch nicht vorüber und die Ukraine-Krise noch längst nicht ausgestanden - doch der Füllstand der deutschen Erdgasspeicher hat einen bedenklichen Tiefstand von nur noch einem Drittel erreicht. "Der derzeitige Speicherfüllstand (12.3.2015) liegt bei ca. 33 Prozent", heißt es in der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine entsprechende Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion. "Die Heizperiode ist noch nicht vorbei, doch die deutschen Erdgasspeicher sind auf einem Tiefstand", warnte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.

Erdgas wird in Deutschland von zahlreichen Energieunternehmen, darunter Eon, RWE oder VNG, an etwa 50 Standorten gelagert. Die Gesamtkapazität der Untertagelager "beträgt 23,8 Milliarden Kubikmeter bei einem Jahresverbrauch von ca. 95 Milliarden Kubikmeter", heißt es in dem Papier. "Rechnerisch könnte damit der Verbrauch von 90 Tagen abgedeckt werden", so das Ministerium. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass sich der Zeitraum in nachfragestarken Zeiten verkürzen könnte. Auf jeden Fall kürzer ist der Zeitraum auch, wenn die Speicher nicht besonders gut gefüllt sind - wie momentan.

Die ungelöste Ukraine-Krise wirft die ebenso offene Frage auf, ob Deutschland jederzeit über genügend Erdgas verfügen kann, sollte etwa die Ukraine russisches Gas, das durch ihre Leitungen fließt, für eigene Zwecke verwenden. Spitzt sich die Krise erneut zu, könnte auch der russische Präsident Wladimir Putin die Gaslieferungen nach Westeuropa stoppen. Dieses Szenario gilt zwar als unwahrscheinlich, weil der russische Staat auf die Einnahmen aus den Gaslieferungen dringend angewiesen ist, doch bei Putin weiß man bekanntlich nie.

Die Bundesregierung will denn auch "eine regionale Engpasssituation beim Zusammentreffen von erheblichen Lieferunterbrechungen und großer Nachfrage nicht gänzlich ausschließen", wie das Ministerium schreibt. Allerdings bestehe die Möglichkeit, "zusätzliche Erdgasmengen zu beziehen, um die Nachfrage zu befriedigen", falls das bei tiefen Temperaturen nötig wird.

"Trotz der milden vergangenen sechs Wochen ist der Füllstand um 20 Prozent auf besorgniserregende 33 Prozent gesunken", sagte Krischer. Dass die Bundesregierung Versorgungsengpässe nicht ausschließen könne, überrasche ihn daher nicht. "Umso verwunderlicher ist, dass sich Union und SPD gegen eine nationale Erdgasreserve stellen", sagte der Grünen-Politiker. Union und SPD wären angesichts der aktuellen Konflikte zwischen Russland und der EU "gut beraten", auch durch mehr Energieeffizienz für eine größere Unabhängigkeit von russischem Gas zu sorgen. Doch die Regierung bleibe untätig.

Eine nationale strategische Gasreserve hatte im vergangenen Jahr auch die CSU in Bayern gefordert. Gabriel hatte jedoch zurückhaltend darauf reagiert. Immerhin hat der Minister ein Gutachten in Auftrag gegeben, das klären soll, ob sich Deutschland wegen der Verschlechterung der Beziehungen zu Russland tatsächlich besser absichern muss.

Der Auftrag für das Gutachten ging für 106 000 Euro erneut an die Berliner Kanzlei Becker Büttner Held (BBH). Sie hatte im Dezember bereits eine Studie über die Absicherung der Atomrückstellungen der Energiekonzerne vorgelegt, das vorvergangene Woche veröffentlicht wurde. Das neue Gutachten über die nationale Erdgasreserve "soll im Mai 2015 vorliegen", heißt es in der Ministeriumsantwort.

Deutschland könnte seine Energieversorgung auch mit Hilfe von Flüssiggas (LNG) verbessern. LNG kann gegenwärtig aber hier zu Lande nicht gespeichert werden. "Die Bundesregierung führt mit verschiedenen Akteuren Gespräche über ein mögliches LNG-Terminal in Deutschland. Eine Investitionsentscheidung wurde bisher nicht getroffen", heißt es in der Antwort.

(mar)
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