Ankara Erdogan will Eheschließungen durch Muftis erlauben

Ankara · Das türkische Parlament debattiert über einen umstrittenen Gesetzentwurf. Er sieht vor, dass Muftis, also muslimische Rechtsgelehrte, gültige Eheschließungen vollziehen können. "Ob ihr es wollt oder nicht, das Gesetz wird kommen" - mit diesen Worten unterstrich Staatschef Recep Tayyip Erdogan seine Entschlossenheit, islamische Ehen einzuführen. Bisher dürfen nur Standesbeamte rechtsgültige Trauungen vollziehen. Religiöse Eheschließungen sind zusätzlich möglich, aber nicht allein gültig. Künftig sollen sich Paare vor einem Mufti das Ja-Wort geben können. Er ersetzt den Beamten.

"Dieser Gesetzentwurf ebnet den Weg zur Zerstörung der Frauenrechte und begünstigt Kinderehen", empörte sich Fatma Köse von der sozialdemokratischen Oppositionspartei CHP. Seit der Einführung des Zivilrechts in der Türkei 1926 werden nur standesamtlich geschlossene Ehen anerkannt. Dennoch lassen sich vor allem auf dem Land viele Paare von islamischen Geistlichen trauen - die oft bereit sind, auch Eheschließungen mit minderjährigen Mädchen oder Vielehen abzusegnen. Die standesamtliche Hochzeit holen viele Paare erst nach, wenn sie offizielle Papiere benötigen.

Befürworter argumentieren, das Gesetz trage dem Wunsch vieler Menschen Rechnung, religiös zu heiraten. Die neue Regelung diene dem Schutz der Frauen und Kinder, weil die Muftis an die Bestimmungen des Zivilrechts gebunden seien.

(höh)
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