AfD Erobern, um zu bleiben

Berlin · Die AfD ist mit wehenden Fahnen in den sächsischen Landtag eingezogen. Vieles spricht dafür, dass die Eurokritiker auch anderswo Boden gewinnen werden. Vor allem in der CDU ist nun die Sorge über eine dauerhafte Konkurrenz groß.

Bei der CDU lässt sich die Aufregung nicht mehr verbergen; Die bisher fast schon provokante Lässigkeit ist abgelegt: Wie konnte das passieren? Wie konnte es der Alternative für Deutschland (AfD) gelingen, sich über die Landtagswahl in Sachsen so erfolgreich zurück ins Rampenlicht der Bundespolitik zu katapultieren? Und wie wird man die Konkurrenz am rechten Rand jetzt bloß wieder los?

9,7 Prozent der sächsischen Wähler machten ihr Kreuzchen am Sonntag bei der AfD. Aus dem Stand ist das ein durchaus beachtlicher Erfolg für die einst als eurokritische Protestpartei angetretene Professoren-Truppe. Das fast wichtigste Ergebnis für die Partei um Chef Bernd Lucke: Jetzt lässt sich die AfD nicht mehr betrachten, ohne gleichzeitig einen Blick auf die Strategien der Volkspartei CDU zu werfen. Denn künftig wird die AfD wohl auch in andere Landesparlamente einziehen und den Christdemokraten schmerzliche Stimmverluste zufügen können.

In Brandenburg und Thüringen etwa stehen am 14. September neue Landtage zur Wahl. Sämtliche Umfragen gehen bisher von einem starken Abschneiden der AfD aus, jeweils zulasten vor allem konservativer Parteien. Der Wahlerfolg in Sachsen dürfte den Vortrieb der AfD dabei noch weiter beschleunigen, selbst im heiß umkämpften Lager bisheriger Nichtwähler.

Und so muss sich nun vor allem die CDU Gedanken darüber machen, wie sie die AfD wieder zurück in die Bedeutungslosigkeit drängen kann - oder wie sie künftig mit den häufig als "Rechtspopulisten" bezeichneten Parteivertretern umgehen will.

Die Vorstellungen darüber gehen weit auseinander. Das wurde nach Sitzungen des CDU-Präsidiums und des Vorstands deutlich: Einerseits plädierte CDU-Bundesvize Armin Laschet für eine offensive Auseinandersetzung; der konservative CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach sprach gar von einem Fehler, dass man die AfD bisher versucht habe zu ignorieren.

Andererseits bemühte sich CDU-Fraktionschef Volker Kauder weiterhin um Gelassenheit: "Über die Bedeutung der AfD lässt sich bei einer Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent, die wir in Sachsen haben, wenig für die Zukunft sagen", sagte er im ZDF. Und Kanzlerin Angela Merkel, gleichzeitig CDU-Vorsitzende, bekräftigte ihre Ablehnung gegenüber der AfD: "Mein Ziel ist es, dass sie möglichst bald wieder eine geringere Rolle spielen."

Danach sieht es allerdings erstmal nicht aus, auch wenn die AfD an der Fünfprozenthürde bei der vergangenen Bundestagswahl scheiterte und nur einen Achtungserfolg bei der Europawahl verbuchen konnte. Und auch Vergleiche mit der Piratenpartei hinken, deren Schicksal viele auch für die AfD vorhersagen: Mit leicht verfänglichen Themen Protestwähler abholen, über kurz oder lang aber an den eigenen Strukturen scheitern und dann wieder in der Versenkung verschwinden.

Nein, die Alternative für Deutschland steht anders da: Sie ist nicht von einem radikal basisdemokratischen Chaos geprägt sondern wird von einem kleinen Machtzirkel um die sogenannten Parteisprecher Bernd Lucke, Konrad Adam und Sachsens AfD-Vorsitzende Frauke Petry geführt. Auch der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel hat als stellvertretender Sprecher und wiederholter Geldgeber der Partei ein Wörtchen mitzureden.

Neben der Struktur ist auch die neue Themenauswahl auf Beständigkeit ausgelegt. Die einst angeprangerte Euro-Rettung spielte beim Wahlkampf in Sachsen eine geringere Rolle als etwa die Positionen zu einer Drei-Kind-Politik als "aktive Bevölkerungspolitik" für die Deutschen und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen. AfD-Sprecherin Frauke Petry sagte: "Die AfD ist angekommen. Sie ist in Deutschland angekommen."

Dass diese Themen bei den Wählern verfangen, hat das beachtliche Ergebnis in Sachsen gezeigt. Zwar gehört auch zur Wahrheit, dass nirgendwo sonst in Deutschland rechte Parteien so viele Chancen haben, wie in dem Freistaat. Aber wenn es der AfD gelingen sollte, interne Streitigkeiten abzulegen und die richtigen Themen für die nächsten Wahlen zu finden, wird sie wohl nicht so schnell verschwinden, wie es der CDU lieb wäre.

(jd)
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