Alexander Dobrindt "Es geht um ein digitales Wettrüsten"

Der neue Verkehrsminister Alexander Dobrindt über seine Pläne zum Ausbau des schnellen Internets, die Einführung einer Pkw-Maut, die Elektromobilität in Deutschland und sein Verhältnis zu seinem früheren Lieblingsfeind, SPD-Chef Sigmar Gabriel.

War es für Sie schwierig, vom Attacke-Modus des Generalsekretärs auf staatstragend im Ministeramt umzuschalten?

Dobrindt Nein. Auch als Minister ist man ein wenig General — zielstrebig, konzentriert, gelassen. Aber der Kampfanzug für die Attacke hängt immer noch im Schrank.

Der SPD-Chef muss also nicht mehr auf der Hut sein vor Ihnen?

Dobrindt (lacht) Wir kommen sehr gut miteinander klar. Ich gehe aber davon aus, dass auch Herr Gabriel noch seinen Kampfanzug im Schrank hat.

Wie wollen Sie es bewerkstelligen, dass künftig auch abgelegene Dörfer schnelles Internet bekommen?

Dobrindt Ich habe die Netzallianz digitales Deutschland ins Leben gerufen. Das erste Treffen findet im Vorfeld der Cebit statt. Die innovationswilligen Telekommunikations- und Netzunternehmen werden am Tisch sitzen. Ziel: Strategien entwerfen, wie wir Deutschland digital modernisieren. Es geht dabei um ein gesamtgesellschaftliches Projekt. Der Zugang zur digitalen Welt wird über die Zukunftschancen der nächsten Generationen entscheiden. Wir reden also über eine Frage der Gerechtigkeit, genauer gesagt über Innovationsgerechtigkeit.

Wie viel Geld muss investiert werden?

Dobrindt Beim Breitbandausbau kann der Staat Anreize setzen, stimulierend wirken, den Rahmen markieren. Bei der Digitalisierung liegen wir hinter den USA und den asiatischen Ländern weit zurück. Die Pro-Kopf-Investitionen der Unternehmen sind in den USA und China um fast 50 Prozent höher als bei uns. Wir brauchen also einen Kraftakt von Industrie und Politik.

Warum steckt die Regierung dann Milliarden in die Rente statt in die Digitalisierung?

Dobrindt Ich will das Netz nicht verstaatlichen, sondern dafür sorgen, dass private Investitionen leichter fließen.

Wie soll das funktionieren?

Dobrindt Wir müssen aufpassen, dass der europäische Markt nicht überreguliert wird. Eine falsche Regulierung hemmt Investitionen. Auch mit diesem Aspekt wird sich die neue Netzallianz befassen. Wir müssen beraten, unter welchen Rahmenbedingungen wir mehr aus den geplanten Investitionen rausholen können und zusätzliche Investitionen bekommen.

Derzeit erschüttert ein millionenfacher Datenklau den Glauben an den Segen der Digitalisierung . . .

Dobrindt Das Niveau unserer Technologie ist auch relevant für die Sicherheit. In Wahrheit geht es zurzeit um ein digitales Wettrüsten in der Welt. Wer da nicht mithalten kann, wird auch keine digitale Souveränität haben.

Was soll konkret in den nächsten vier Jahren erreicht werden?

Dobrindt Bis 2018 wollen wir in der Grundversorgung 50 Mbit Netzqualität erreichen. Das heißt, in vier Jahren werden wir deutlich mehr Geschwindigkeit und Qualität für die Netze haben.

Und daran lassen Sie sich messen?

Dobrindt Selbstverständlich, so steht es auch im Koalitionsvertrag.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat in Meseberg gesagt, wir würden die Verkehrs-Infrastruktur in Deutschland auf Verschleiß fahren. Wie soll da die Wende gelingen?

Dobrindt Wir haben eine gut ausgebaute und hochwertige Infrastruktur — das gilt für Straße, Schiene und Wasserwege. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern stehen wir sehr stark da. Richtig ist, dass wir in den Erhalt der Netze lange Zeit zu wenig investiert haben. Der Nachholbedarf ist groß. Deshalb leitet diese Bundesregierung einen Modernisierungsschub ein: fünf Milliarden Euro zusätzlich für die Pflege und den Ausbau unserer Infrastruktur.

In NRW werden immer wieder Brücken gesperrt. Schaffen Sie Abhilfe?

Dobrindt Wir haben in ganz Deutschland Brücken, die sanierungsbedürftig sind. In diesem Jahr geben wir so viel Geld wie nie zuvor für Brückensanierungen aus

Können Sie versprechen, dass Sie Bayern gegenüber anderen Ländern nicht bevorzugen?

Dobrindt Die Priorität der Maßnahmen für Verkehrsprojekte werden überall nach den gleichen Grundsätzen bewertet. Zurzeit fühlen sich alle Regionen gleichermaßen benachteiligt.

Viele Kleinwagenfahrer zahlen weniger als 100 Euro Kfz-Steuer. Wo bekommen sie künftig einen Bonus, wenn die Pkw-Vignette von 100 Euro eingeführt wird?

Dobrindt Warten Sie es ab. Mir geht es darum, dass sich diejenigen an der Finanzierung beteiligen, die bislang die Instandhaltung und den Ausbau der Infrastruktur nicht mitfinanziert haben. Das sind zum Beispiel diejenigen, die aus dem Ausland durch Deutschland hindurchfahren.

Sind Ihre Pläne denn mit dem EU-Recht vereinbar?

Dobrindt Mir wird gerne vorgeworfen, ich wolle die Halter ausländischer Fahrzeuge diskriminieren. Das ist nicht der Fall. Aber ich will endlich die Benachteiligung der deutschen Autofahrer beenden.

Wann legen Sie zur Pkw-Maut einen Gesetzentwurf vor?

Dobrindt Ich werde in diesem Jahr einen Gesetzentwurf vorlegen, der sowohl den europäischen Gesetzen entspricht als auch die deutschen Autofahrer nicht zusätzlich belastet.

Wann wird die Maut wirksam werden?

Dobrindt 2014 werden wir den Gesetzesentwurf einbringen und verabschieden. 2015 wird das Jahr der technischen Umsetzung der Pkw-Maut. Danach kann es losgehen.

Wann kauft sich der Bundesverkehrsminister sein erstes Elektroauto?

Dobrindt Der Bundesverkehrsminister fährt bereits als Dienstwagen in Berlin ein Elektroauto.

Können Sie es auch für Privatleute empfehlen?

Dobrindt Die neuen Elektroautos sind technisch ausgereift, voll funktionsfähig, machen Spaß. Was fehlt, ist zum Beispiel ein echter Gebrauchtwagenmarkt, der auch Privatleuten leichter die Chance gibt, solche Autos zu kaufen. Deshalb wäre es sinnvoll, wenn wir in den Dienstflotten mehr Elektroautos bekämen.

Wie wollen Sie die Elektro-Autos pu-shen?

Dobrindt Ich werde ein Elektromobilitätsgesetz auf den Weg bringen. Mit Privilegien für E-Autos: zum Beispiel bei Parkplätzen oder bei der Benutzung von Busspuren. Reine Kaufprämien wird es allerdings nicht geben.

(RP)
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