Gastbeitrag von Justizminister Heiko Maas "Es gibt in Deutschland zu viele fremdenfeindliche Taten"

Der vom NSU vor zehn Jahren begangene Anschlag in der Kölner Keupstraße war nicht nur ein Anschlag auf unsere türkischen Mitbürger, es war ein Anschlag auf unsere freiheitliche demokratische Grundordnung, ein Anschlag auf Toleranz und Menschlichkeit.

 Heiko Maas

Heiko Maas

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Das unsägliche Leid, das die Terroristen angerichtet haben, kann niemand wiedergutmachen. Dafür können wir nur um Vergebung bitten. Heute haben wir die Pflicht, alles dafür zu tun, dass sich solche Taten niemals wiederholen können.

Nie wieder dürfen Justiz und Polizei blind sein gegenüber rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Motiven. Deswegen wollen wir sicherstellen, dass diese Motive bei der Strafzumessung künftig stärker berücksichtigt werden. Bereits die Ermittlungen müssen sich auf diese Motive erstrecken. Es gibt in Deutschland viel zu viele fremdenfeindliche Taten. Das akzeptieren wir nicht. Und: Täter dürfen nicht noch einmal von unklaren Zuständigkeiten profitieren. Wir erweitern deshalb als Lehre aus den Taten der NSU die Zuständigkeiten des Generalbundesanwalts bei Straftaten dieser Art: Er soll früher in laufende Ermittlungen einbezogen werden und dann die Ermittlungen auch an sich ziehen können.

Wir können und werden aber noch mehr tun: Wir brauchen einen Mentalitätswechsel. Deutschland ist doch längst ein Einwanderungsland. Verwaltung und Behörden müssen sich noch stärker für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte öffnen. Wir brauchen eine stärkere Willkommenskultur in allen Bereichen. Dafür kann auch der Staat wichtige Voraussetzungen schaffen: Mit der faktischen Abschaffung des Optionszwanges bei der doppelten Staatsbürgerschaft machen wir unser Staatsbürgerschaftsrecht moderner. Junge Menschen, deren Leben in Deutschland geprägt wurde, werden nicht länger gezwungen, sich gegen die Wurzeln ihrer Familie zu entscheiden. In der großen Mehrzahl der Fälle können die Betroffenen die doppelte Staatsbürgerschaft automatisch behalten.

BAP, Lindenberg und Maffay bei Kölner Fest gegen Rechts
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Der Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb finde ich es großartig, was die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Köln in diesen Tagen auf die Beine gestellt haben, um an die Tat zu erinnern und zu mahnen - aber vor allem um ganz selbstbewusst deutlich zu machen, dass Zuwanderung keine Gefahr, sondern vor allem eine große Chance für unsere Gesellschaft ist. Schon 1992 hat Wolfgang Niedecken mit dem BAP-Song "Arsch huh - Zäng ussenanner" das Plädoyer für Zivilcourage auf den Punkt gebracht. Köln kann stolz sein auf das Engagement seiner Bürger für Toleranz und Vielfältigkeit.

(RP)
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