Es reicht, Herr Präsident!

Politische Gegner unterdrücken, missliebige Journalisten mundtot machen, widerborstige Richter entlassen. Klingt alles nach Ratschlägen aus einem Handbuch für Diktatoren. Schlimm, wenn es die politische Strategie eines Staatschefs im 21. Jahrhundert ist, der sein Volk in die Europäische Union führen will. Jetzt hat Recep Tayyip Erdogan sich die Bildungselite seines Landes vorgeknöpft: Zehntausende von Lehrern, Professoren und Hochschulrektoren dürfen nicht mehr unterrichten und nicht einmal mehr Dienstreisen ins Ausland unternehmen. Der türkische Präsident hat offenbar vor seinen eigenen Bürgern besonders viel Angst, wenn sie überdurchschnittlich intelligent und gut gebildet sind. Er wird dafür seine Gründe haben.

Früher hätte man gesagt, eine solche Strategie kann dauerhaft keinen Erfolg haben; schließlich kann ein demokratisch gewählter Politiker seine Gegner nicht für immer aus dem Weg räumen. Nach den Äußerungen des Despoten vom Bosporus zur Wiedereinführung der Todesstrafe kann man sich da traurigerweise nicht mehr so sicher sein. Er könnte es tatsächlich versuchen. Neben allem Mitleid für die Türkei ist aber eines klar: In diesem Zustand hat das Land in der Europäischen Union nichts verloren.

(sw.)
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