Streit um Stasi-Vorwürfe Etappensieg für Diestel im Rechtsstreit gegen Gauck

Rostock (dpa). Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, hat im Streit um die gegen ihn erhobenen Stasi- Vorwürfe eine juristische Niederlage einstecken müssen. Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Rostock gab am Freitag einem Widerspruch des letzten DDR-Innenministers Peter-Michael Diestel (CDU) gegen eine Einstweilige Verfügung statt. Damit kann Diestel vorerst weiter behaupten, Gauck sei "Begünstigter im Sinne des Stasi- Unterlagengesetzes" gewesen.

Gauck hatte nicht an der Verhandlung teilgenommen, erklärte aber nach dem Urteil, er werde in Berufung gehen. Die Hauptverhandlung in diesem Fall steht noch aus.

Gauck erklärte, Diestels Behauptungen seien falsch. "Er stützt sich auf frühere Stasi-Offiziere und Spitzel, darunter auch Wolfgang Schnur", sagte Gauck der dpa. Schnur habe wegen seiner Stasi- Verstrickungen nach der Wende seine anwaltliche Zulassung verloren.

Die Vorsitzende Richterin Anke Mahmens erklärte, es gehe für die Entscheidung nicht darum, ob Diestels Äußerungen richtig oder falsch seien. "In diesem Fall steht die freie Meinungsäußerung über dem Persönlichkeitsschutz." Zudem stünden die Äußerungen im allgemeinen öffentlichen Interesse. Die Kosten für das Verfahren muss Gauck tragen. Diestels Anwalt Sven Krüger betonte, er sei zufrieden. Das Gericht habe eine mutige Entscheidung getroffen, die unpopulär sei.

Die Äußerungen Diestels gehen auf Interviews in zwei Tageszeitungen im Mai dieses Jahres zurück. Darin hatte er auch behauptet, Gauck sei vom "Stasi-Anwalt Schnur unterstützt worden". Schnur setzte sich nach Ansicht Diestels für die Ausreise zweier Gauck-Söhne von der DDR in die Bundesrepublik im Jahr 1987 ein. 1988 hatten beide anlässlich der Goldenen Hochzeit ihrer Großeltern kurzfristig wieder in die DDR einreisen können. Nach mehreren von Diestel vorgelegten Eidesstattlichen Versicherungen ehemaliger Stasi- Mitarbeiter ist darin eine Begünstigung zu sehen.

Gaucks Anwalt Johannes Weberling stellte noch während einer Verhandlungspause gegen zwei frühere Mitarbeiter der Schnur-Kanzlei und einen Ex-Stasi-Mitarbeiter Strafanzeige wegen Falschaussage. Nach Ansicht Weberlings sind die Äußerungen Diestels dazu geeignet, Gauck als "Täter zweiter Klasse erscheinen zu lassen".

(RPO Archiv)
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