Förderung wackelt EU stellt alle Solardächer infrage

Düsseldorf · Mit dem drohenden Beihilfeverfahren der EU gegen das deutsche Ökostrom-System wackelt die Förderung von einer Million Photovoltaik-Anlagen in Deutschland. Auch Windräder sind betroffen.

 Die Ökostrom-Förderung in Deutschland wackelt.

Die Ökostrom-Förderung in Deutschland wackelt.

Foto: dpa, axb mg

Wenn die EU-Kommission heute wie erwartet ein Beihilfe-Verfahren gegen das deutsche Ökostrom-System eröffnet, werden auch die Betreiber der 161 000 Solarstrom-Anlagen in NRW aufhorchen. Über die Stromrabatte für energieintensive Unternehmen hinaus stellt EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia nämlich auch die Förderung von Photovoltaik und Windkraft infrage. Nach Angaben des Leipziger Energierechtlers Christoph Richter droht den Betreibern "schlimmstenfalls sogar die Rückzahlung von Fördergeldern".

Zwar geht es in dem Verfahren vor allem um die Ökostrom-Rabatte für die stromintensive Industrie, mit denen die Bundesregierung Unternehmen wie ThyssenKrupp vor Nachteilen im internationalen Wettbewerb schützen will. Aber in bislang kaum beachteten Nebensätzen eines Beschluss-Entwurfes, der unserer Redaktion vorliegt, kündigt Almunia auch die Überprüfung der Einspeisevergütung und damit des Kerns der deutschen Ökostrom-Förderung an. So heißt es auf Seite 42 des Papiers, die Kommission werde "überprüfen, ob die Einnahmen der Erzeuger ihre Produktionskosten überschreiten".

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) bestätigte gestern, dass mit dem Beihilfeverfahren auch die deutsche Ökostrom-Förderung wackelt. "Geprüft wird von der EU-Kommission auch, ob die Einspeisevergütung ein Beihilfetatbestand ist", so Duin. Darunter versteht man staatliche Hilfen für Marktteilnehmer, mit denen Wettbewerber in verbotener Weise benachteiligt werden. Nach Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung lag der Gesamtanspruch der deutschen Solaranlagenbesitzer auf Fördergeld im vergangenen Jahr bei 100 Milliarden Euro. Wegen dieser großzügigen Förderung hat Deutschland inzwischen eine Million Photovoltaik-Anlagen — rechnerisch kommen täglich 2500 neue hinzu.

Den Anstoß für das Beihilfeverfahren gab 2011 Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher mit einer offiziellen Beschwerde bei der EU. "Ich wollte nur erwirken, dass die EU die Ökostromrabatte für die Industrie verbietet", sagte Peters gestern. Aber in der Brüsseler Bürokratie habe das Thema dann eine andere Wendung genommen. Peters: "Dass jetzt die gesamte Ökostrom-Förderung wackelt, habe ich nicht gewollt. Das ist ein Desaster."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort