Brüssel will etwa eine billigere Energiewende EU warnt Bundesregierung vor Reformpause

Berlin/Brüssel · Deutschland darf sich nach Auffassung der übrigen 27 EU-Mitgliedsländer nicht auf seiner guten Wirtschaftslage ausruhen und für die Zukunft wichtige neue Reformen im Steuer- und Sozialsystem verschlafen.

Das Kabinett Merkel im Check
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Jedes Jahr im Sommer erhält jeder einzelne der 28 EU-Staaten aus Brüssel spezifische Empfehlungen dafür, was er in der nahen Zukunft eigentlich tun müsste, um das Wachstum zu steigern, die Arbeitslosigkeit zu senken und die soziale Lage zu verbessern. Die gemeinsam verabschiedeten Empfehlungen im Rahmen des 2010 gestarteten sogenannten "Europäischen Semesters" sind aber rechtlich nicht verbindlich und werden von vielen Staaten daher allenfalls teilweise umgesetzt. Brüssel versucht deshalb, über eine größere kritische Öffentlichkeit Druck auf die Regierungen aufzubauen: Wenn in Medien steht, dass Regierungen nötige Reformen unterlassen, könnte dies die Bürger und auch die Politiker beeinflussen.

So gibt es nun auch mehr öffentlichen Druck auf die Bundesregierung. "Die Kommission attestiert Deutschland begrenzte Fortschritte bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2013. Um den Herausforderungen gerecht zu werden, sind aus Sicht der Kommission weitergehende Reformanstrengungen notwendig", heißt es harsch im Bericht über die EU-Ratschläge, der unserer Zeitung vorliegt. "Die jüngste Rentenreform könnte zu einem Anstieg der Abgabenbelastung führen", warnt demnach Brüssel.

Vier Handlungsfelder ausgemacht

Auch in Teilen der Bundesregierung wächst die Sorge, die große Koalition werde nun bis 2017 eine Reformpause einlegen. Wenn die Regierung unpopuläre Reformen in der Gesundheits-, Pflege- und Rentenversicherung bis nach 2018 hinauszögere, so die Befürchtung, könne dies Deutschland zurückwerfen.

Die EU-Kommission sieht dies offenbar ähnlich. Für 2014 und 2015 macht sie vier Politikfelder aus, in denen sie dringenden Handlungsbedarf sieht. Erneut fordert sie in ihren Empfehlungen für Deutschland, die Kosteneffizienz im Gesundheits- und Pflegesystem zu steigern. Im Rentensystem gehe es darum, dass "die Finanzierung neuer versicherungsfremder Leistungen (Mütterrente) durch Steuereinnahmen erfolgt, um einen weiteren Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge zu vermeiden", heißt es im Bericht. Zudem müssten "mehr Anreize für einen späteren Renteneintritt gesetzt" sowie Betriebsrenten und private Altersvorsorge gestärkt werden.

Die EU fordert Berlin auf, die hohen Steuer- und Sozialabgaben insbesondere für Geringverdiener zu senken. Beim Mindestlohn müsse dessen Wirkung auf die Beschäftigung genau beobachtet und im Falle negativer Effekte gegengesteuert werden. Die Regierung solle auch mehr tun, damit die über sieben Millionen Mini-Jobs leichter in voll sozialversicherungspflichtige Jobs umgewandelt werden könnten.

Die Regierung solle die Kosten der Energiewende noch mehr begrenzen, den Netzausbau beschleunigen und ihre Energiepolitik besser mit den Nachbarländern koordinieren.

(mar)
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