Brüssel EU will Asylrecht umbauen

Brüssel · Im Gespräch ist eine Revolution: ein einheitliches Verfahren für ganz Europa.

Die EU will Flüchtlinge gleichmäßiger auf die 28 Mitgliedsländer verteilen. Vize-Kommissionschef Frans Timmermans sagte gestern: "Unser gegenwärtiges Konzept ist nicht zukunftsfähig." Es habe sich in der Flüchtlingskrise ein "Asyl-Shopping" entwickelt, mit dem sich die Betroffenen das attraktivste Land aussuchten. Dies bürde einigen Mitgliedstaaten zu viel Verantwortung auf. Länder wie Italien oder Griechenland, in denen besonders viele Asylsuchende ankommen, müssten entlastet werden.

Die EU-Kommission hat dazu zwei Alternativen vorgeschlagen. Die erste wird in Brüssel auch "Fairness-Vorschlag" genannt: Dabei soll es bei dem Mechanismus bleiben, wonach Flüchtlinge in dem Land Asyl beantragen müssen, das sie als erstes betreten haben - wie im Dublin-Abkommen festgelegt. Wenn allerdings besonders viele Flüchtlinge kommen, sollen sie auf andere EU-Länder verteilt werden. Denkbar seien zahlenmäßige Obergrenzen.

Die zweite Alternative, die die EU-Kommission nun mit den Mitgliedsländern und dem Parlament diskutieren will, heißt in Brüssel die "radikale Variante". Dabei würde sich die EU von Dublin verabschieden und auf einen dauerhaften Verteilschlüssel umstellen. EU-Diplomaten sprechen von einer Revolution: Es gäbe dann nicht mehr Asylverfahren in den einzelnen EU-Staaten, sondern nur noch ein einziges EU-Asylverfahren. Asylsuchende würden dann bei der EU Schutz und Aufnahme beantragen. Die Betroffenen müssten sich dann darauf einstellen, auf ein anderes Land verteilt zu werden. Kriterien für die Verteilung könnten die Wirtschaftsleistung, soziale Faktoren wie Arbeitslosigkeit, die Bevölkerungszahl und die Zahlen anerkannter Asylbewerber und Zuwanderer sein.

Die Kommission benötigt die Zustimmung der Mitgliedsländer und des EU-Parlaments. Timmermans sagte: "Uns geht es heute darum, erst einmal beim EU-Rat und den Abgeordneten vorzufühlen." Die CSU zeigte sich bereits aufgeschlossen; Kritik kam von den Grünen.

In der Ägäis blieb es gestern ruhig: Die Abschiebungen von den griechischen Inseln in die Türkei blieben weiter ausgesetzt. Sie sollen frühestens morgen wieder beginnen.

(RP)
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