400.000 Griechen wegen Finanzkrise ausgewandert Griechenland erleidet einen schweren "Brain-Drain"

Athen · Zum dritten Mal binnen 100 Jahren wandern Griechen massenweise aus. Die Besonderheit diesmal: Die Intelligenz verlässt in Scharen das Krisenland im Südosten Europas.

Gläubiger haben Griechenland bisher mit 140 Milliarden entlastet
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Foto: dpa, fg htf cul

Wegen der schweren Finanzkrise haben 427.000 Griechen ihr Land verlassen und haben Arbeit im Ausland gesucht. Seit 2013 wandern sogar jährlich mehr als 100.000 Menschen aus. Es ist die dritte große Auswanderungswelle innerhalb von gut 100 Jahren. Seit 1907 haben knapp 1,8 Millionen Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben die griechische Mittelmeersonne zurückgelassen. Dies ergibt sich aus einer Studie der griechischen Zentralbank (Bank of Greece), die am Samstag in der konservativen Athener Traditionszeitung "Kathimerini" veröffentlicht wurde.

Anders als früher, handelt es sich diesmal um ein sogenanntes Brain-Drain: Viele Talente, Akademiker und Facharbeiter, für deren Ausbildung der griechische Staat viel Geld aufgewendet hat, kehren der Heimat den Rücken zu. Ein Ende der Auswanderungswelle sei nicht in Sicht, heißt es im Bericht weiter. Grund: Die Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen übertrifft zurzeit 50 Prozent. Schlimm ist die Situation auch für die anderen Griechen. Fast jeder Vierte hat keinen Job.

Situation für Gebildete ist miserabel

Die Lage für viele gut ausgebildete junge Menschen ist miserabel. Wer in Athen eine Runde macht, sieht die "verlorene Generation" überall. Sie arbeitet in Cafés, Bars und Tavernen - in der Regel schwarz - und verdient nicht mehr als 400 Euro im Monat. Manche sind sogar gezwungen, nur für die Tipps der Kunden zu arbeiten. Kommt eine Kontrolle des Arbeitsministeriums, setzen sie sich hin an einem Tisch und geben vor, sie seien Kunden.

Derweil macht die Verpachtung von wichtigen Regionalflughäfen Griechenlands an einen Konzern unter der Führung des Flughafenbetreibers Fraport Schule. Hunderte Bewerbungen gehen derweil bei Fraport ein. "Ich sehe da eine Zukunft für mich", sagte beispielsweise Anja Kolaitis der Nachrichtenagentur dpa; sie ist eine Deutsch-Griechin, die wegen der Finanzkrise vor zwei Jahren ihre Arbeit in Griechenland verloren hatte. Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" werden fast alle 500 geplanten Stellen mit Griechen besetzt. "Die Leute vor Ort arbeiten hart, wollen etwas aufbauen, sind alles andere als resigniert", sagte Fraport-Manager Alexander Zinell der Zeitung.

Ganze Familien leben von den Suppenküchen der Kirche und der Städte.
Einige haben sogar als einziges Einkommen die Rente des Opas und der Großmutter. Und die wurden im Juni erneut gekürzt. "Wer kann, der geht", sagt Giorgos Tagaris, ein 52 Jahre alter Arzt aus der Hafenstadt Patras. Allein in seinem Krankenhaus seien in den vergangenen vier Jahren 17 Ärzte ausgewandert. Nur vier neue kamen dazu. "Der Staat muss sparen und wir arbeiten doppelt und dreifach", sagt er. Er geht nicht, weil er Kinder hat, die zur Schule gehen.

(felt/dpa)
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