Griechisches Parlament stimmt Reformen zu Tsipras kommt mit blauem Auge davon

Athen · 39 Syriza-Anhänger kündigen dem Ministerpräsidenten die Gefolgschaft, aber es waren größere eigene Verluste befürchtet worden. Mit Hilfe der Opposition erreichte Tsipras eine überwältigende Mehrheit von 229 der 300 Stimmen für das Reformpaket.

Showdown in Athen: Ein Blick in die Gesichter
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Das griechische Parlament hat mit überwältigender Mehrheit für Verhandlungen über das neue Spar- und Reformpaket gestimmt, das Bedingung der Geldgeber für ein drittes Hilfspaket von bis zu 86 Milliarden Euro ist. Für das Reformpaket stimmten insgesamt 229 Abgeordnete, 64 stimmten mit nein, sechs enthielten sich und ein Abgeordneter fehlte. Ministerpräsident Alexis Tsipras verlor allerdings den Rückhalt von 39 Syriza-Abgeordneten des linken Flügels. 32 von ihnen stimmten mit nein, sechs enthielten sich, einer glänzte durch Abwesenheit.

Insgesamt kam Tsipras' Regierungskoalition aber noch auf 123 Stimmen. Damit verfehlte der Ministerpräsident zwar die eigene Mehrheit, doch galt der Verlust von 39 eigenen Stimmen unter politischen Beobachtern noch als handhabbar. Ein Rücktritt des Regierungschefs galt als unwahrscheinlich. Allerdings wird Tsipras in den kommenden Wochen nun in einer Art Minderheitsregierung immer wieder auf die Unterstützung der Opposition bauen müssen.

Tsipras hatte das Reformpaket in mehreren Redebeiträgen gegen Ende der Debatte energisch verteidigt. Die Gegner des Pakets in seiner eigenen Partei sollten sich fragen, ob die Grexit-Androhung Deutschlands und anderer Euro-Partner real oder virtuell gewesen sei. Wenn sie real sei, sollten die Gegner sich überlegen, welche bessere Wahl man habe, als den Bedingungen der Geldgeber zuzustimmen. Er sei gleichwohl stolz auf seinen Kampf um Zugeständnisse an Athen. Die Abgeordneten quittierten die Beiträge mit sekundenlangem Applaus.

Zuvor hatte Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou in einer kämpferischen Rede Tsipras angegriffen. Die Vertreterin des linken Syriza-Flügels stimmte mit Nein, weil das Reformpaket zentrale Wahlversprechen ihrer Partei breche.

Konstantopoulou hatte zum Auftakt der Debatte für einen Eklat gesorgt. Sie kündigte an, die Abstimmung wie in früheren Fällen hinauszögern zu wollen. Die Mehrheit der Parlamentarier protestierte jedoch lautstark und forderte einen raschen Durchgang. Die Parlamentschefin verließ daraufhin den Saal und ließ sich durch ihren Stellvertreter ersetzen.

Wegen der in Griechenland höchst umstrittenen neuen Reformmaßnahmen kam es am späten Abend zu heftigen Ausschreitungen des Schwarzen Blocks, der Molotow-Cocktails auf Polizisten warf. Die reagierten mit Tränengas und trieben die Protestler in die Seitenstraßen neben dem Syntagma-Platz.

Krawalle in Athen: Demonstranten werfen Brandsätze - Polizei antwortet mit Tränengas
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Vor der wichtigen Abstimmung hatte Tsipras seiner Partei mit dem Rücktritt gedroht, sollte sich die Syriza-Fraktion nicht mit großer Mehrheit hinter ihn stellen. "Wenn ich eure Unterstützung nicht habe, dann wird es für mich schwierig, auch morgen Regierungschef zu bleiben" sagte Tyipras laut Teilnehmern in einer Fraktionssitzung vor der Abstimmung. Die Oppositionsparteien, die konservative Nea Demokratia, die sozialistische Pasok und die sozialliberale To Potami hatten Tsipras jedoch ihre Unterstützung zugesagt, so dass ein Ja zu den Reformen nicht infrage stand.

Der Deutsche Bundestag entscheidet am Freitag darüber, ob Verhandlungen aufgenommen werden. Aber auch hier gilt die Zustimmung als sicher.

(mar)
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