Gipfel in Lettland Tsipras hofft auf Weichenstellung in Riga

Athen · Wenn Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras an diesem Donnerstag zum EU-Gipfel nach Riga reist, fliegt die Hoffnung mit - die Hoffnung, dass es in den zähen Verhandlungen mit den Gläubigern, die sich nun schon über drei Monate dahinschleppen, doch noch zu einem Happy End kommt. Tsipras weiß: Geld wird er aus der lettischen Hauptstadt nicht mitbringen.

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Das ist Alexis Tsipras

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Foto: dpa, sp ase tba

Aber ob es so läuft, ist nicht sicher. Tsipras sieht die Verhandlungen "in der Zielgerade". Die Geldgeber äußern sich allerdings zurückhaltender. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht zwar "Fortschritte in Teilbereichen", bemängelt aber das schleppende Tempo der Gespräche. In EU-Kreisen heißt es, erstmals habe Athen eine substanzielle Reformliste vorgelegt, die deutlich weitreichender sei als vorherige Entwürfe. Dennoch glaubt Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nicht, dass es schon diese Woche zu einer Einigung kommt.

Dabei hat Tsipras keine Zeit zu verlieren. Bisher hat Athen seine Zahlungsverpflichtungen zwar erfüllt, wenn auch nur mit Tricks wie der Konfiszierung von Geldern öffentlicher Körperschaften oder der Plünderung eines Notfallkontos beim Internationalen Währungsfonds. Ende Mai muss der Athener Finanzminister 1,9 Milliarden Euro für Renten und Gehälter auftreiben. Im Juni werden fast 1,6 Milliarden Euro für die Tilgung älterer IWF-Kredite gebraucht. Ganz dick kommt es im Juli und August: Dann muss Griechenland Anleihen über 6,6 Milliarden Euro tilgen, die bei der Europäischen Zentralbank und nationalen Notenbanken liegen. Ohne neue Hilfskredite ist das nicht zu schaffen. Die soll es nur geben, wenn die Gläubigerverhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden.

Inzwischen gibt es Annäherungen in den Gesprächen: Mit höheren Luxussteuern, Sonderabgaben für Besserverdiener und einer Mehrwertsteuerreform will die Regierung die Finanzlücke schließen. Auch eine Finanztransaktionssteuer ist im Gespräch. Entgegen seinen Wahlkampfankündigungen will Tsipras nun auch die bereits angelaufene Privatisierung von See- und Flughäfen nicht stoppen. Selbst Einschnitte bei der Rente wie Beschränkungen bei Frühverrentungen erwägt die Regierung. Die von den Gläubigern geforderte Liberalisierung des Arbeits- und Tarifvertragsrechts verweigert sie bisher.

"Undurchsichtige Lage um fünf vor zwölf" titelte gestern die Wirtschaftszeitung "Naftemporiki". Die Ungewissheit zerrt an den Nerven der Griechen. Nach einer Umfrage von Mitte Mai sind nur noch 35 Prozent der Befragten mit der Verhandlungsstrategie der Regierung einverstanden - gegenüber 72 Prozent im Februar.

(RP)
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