Ärger um Griechenland Athen braucht dringend Geld, aber bleibt Antworten schuldig

Düsseldorf · Im Schuldenstreit mit Griechenland geht es heute ums Ganze. Die Stimmung ist im Keller. Die internationalen Partner werfen Athen vor, sich nicht an Regeln und Vereinbarungen zu halten. Für 20 Reformen sollten bis heute detaillierte Pläne vorliegen. Nur sechs liegen bislang auf dem Tisch. Griechenland erhöht zeitgleich den Handlungsdruck und räumt akute Finanznot ein.

 Yanis Varoufakis

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Der Schuldenstreit zwischen Griechenland und seinen europäischen Partnern nimmt an Dramatik weiter zu. Athen ist nach eigenem Eingeständnis in akuter Finanznot, doch den Geldgebern zufolge reichen die bisherigen Reformvorschläge nicht aus, um weitere Hilfen zu gewähren.

Die Euro-Finanzminister stehen nur knapp zwei Wochen nach ihrer grundsätzlichen Einigung für eine Verlängerung des Hilfspakets vor neuen Konflikten mit Athen. Die Eurogruppe will von Montagnachmittag an in Brüssel über die Pläne beraten. Eine rasche Auszahlung von Hilfsgeldern der Europartner wird allerdings nicht erwartet.

Varoufakis reicht nur sechs von 20 Maßnahmen ein

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bezeichnete die Reformpläne aus Athen als unzureichend. "Von den 20 Maßnahmen, die die Griechen ergreifen mussten, haben sie sechs präsentiert", sagte der Sozialdemokrat der niederländischen Zeitung "Volkskrant". "Es wird ein Prozess des langen Atems." Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis hatte Dijsselbloem einen neuen Brief mit Vorschlägen für Reformen und höhere Einnahmen geschickt.

Worterklärungen in Griechenlands Schuldenkrise
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Immer wieder wird ein Staatsbankrott und ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone von Ökonomen und Politikern an die Wand gemalt. Sowohl Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker als auch Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras hatten zuletzt jedoch klar gesagt, ein Abschied Athens vom Euro komme nicht in Frage.

Auch in Deutschland wird die Kritik an Griechenland immer stärker. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel noch einen gemäßigten Ton wählt, werden die Rufe nach einem Austritt Athens aus dem Euro immer lauter.

Yanis Varoufakis – Medienexperte und Ex-Finanzminister
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Bis zu einer Lösung der Schuldenprobleme Griechenlands sieht auch Merkel noch erhebliche Probleme. "Wir haben das politische Ziel, dass Griechenland natürlich im Euro-Raum bleibt", sagte sie am Montag in Tokio während ihrer Japan-Reise. "Darauf arbeiten wir inzwischen seit vielen Jahren mittlerweile hin." Es müsse Solidarität der europäischen Partner und andererseit die Bereitschaft zu Reformen und der Einhaltung von Verpflichtungen Griechenlands geben. "Hier haben wir mit Sicherheit noch einen gewaltigen Weg zurückzulegen."

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warnte vor dem Treffen, den massiven Geldforderungen der griechischen Regierung nachzugeben. "Die Dringlichkeit der Anfrage darf nicht dazu führen, dass wir vorschnell die noch ausstehenden Kredite auszahlen", sagte Oppermann in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Den Worten müssten auch Taten folgen. "Wirkliche Substanz kann ich in den Reformabsichten noch nicht erkennen", kritisierte Oppermann.

Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) forderte die griechische Regierung auf, jetzt endlich mit seinen Geldgebern ernsthafte Gespräche zu führen. Es müsse jetzt schnellstmöglich Klarheit über die finanzielle Lage Athens geschaffen werden, sagte er im "Deutschlandfunk".

Eindeutig für einen Euro-Abschied Griechenlands sprach sich der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Ex-Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), aus. In einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung warnte Ramsauer, zugleich stellvertretende CSU-Vorsitzender, den Bundestag davor, weiteren Griechenland-Hilfen zuzustimmen. "Mit einem Ausscheiden des Landes aus dem Euro, wie es Finanzminister Schäuble bereits ins Gespräch gebracht hat, bekäme das Land die Möglichkeit , sich mit neuer Drachme währungspolitisch wieder wettbewerbsfähig zu machen."

Ökonomen sehen Athen vor Staatsbankrott

Inzwischen haben Kursverluste bei den griechischen Banken die Stimmung an der Athener Börse getrübt. Der Leitindex sank um drei Prozent. Auch für die Kurse der zehnjährigen Anleihen ging es bergab - die Rendite kletterte in der Spitze auf 9,927 Prozent nach 9,505 Prozent am Freitag.

Auf Basis ihrer bisherigen Reformvorschläge kann Athen nicht mit einer zügigen Auszahlung von Hilfskrediten rechnen. Führende Ökonomen sehen allerdings Athen vor dem Staatsbankrott, wenn nicht ein drittes Hilfsprogramm ausgezahlt wird. Sie wiesen auf den großen Vertrauensverlust durch die neue Regierung unter dem linken Regierungschef und seinem Finanzminister bei den öffentlichen Geldgebern in Europa, dem Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB), aber auch bei den Unternehmen und Bürgern des eigenen Landes hin.

"Nachdem die Syriza-Regierung so viel Porzellan zerschlagen hat, scheint eine Mittelaufnahme bei privaten Investoren völlig unrealistisch", sagte der Chefökonom der Commerzbank, Jörg Krämer, dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe).

DIW-Präsident Marcel Fratzscher sagte dem Blatt: "Wenn die Regierung kein drittes Programm will, dann muss sie Reformen aufzeigen, die die Finanzierungslücke von 30 bis 40 Milliarden Euro für die kommenden drei Jahre schließt und keine Geschenke der europäischen Nachbarn fordern."

Die Kassen in Athen sind inzwischen laut Informationen aus Griechenland fast leer. Insgesamt muss Athen im März Verpflichtungen im Umfang von gut 6,85 Milliarden Euro erfüllen. Vor knapp zwei Wochen hatten die Europartner das Hilfsprogramm um weitere vier Monate verlängert. Bevor Gelder fließen können, müssen EU-Kommission, EZB und IWF zuvor förmlich grünes Licht geben.

(dpa)
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