Finanzminister wollen Montag entscheiden Athen kann auf neue Milliarden hoffen

Brüssel · An diesem Montag wollen die Finanzminister der Euro-Länder darüber entscheiden, ob Athen das lange geplante Hilfspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro bekommen soll. Allerdings ist jetzt schon klar, dass das Geld nicht reichen wird, um die Hellenen langfristig zu retten.

Die wahren Interessen der Retter Griechenlands
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Foto: dapd

Die Bemühungen um die Rettung Griechenlands treten in eine entscheidende Phase. An diesem Montagabend wollen die Euro-Finanzminister über weitere Hilfen für die Hellenen entscheiden — und so die griechische Staatspleite verhindern. Die Zuversicht sei gewachsen, dass das Paket beschlossen werde, hieß es aus EU-Diplomatenkreisen.

Worüber berät die Euro-Gruppe?

Die Euro-Finanzminister wollen sich auf ein neues Hilfsprogramm einigen und den Teil-Schuldenerlass zur Rettung Griechenlands auf den Weg bringen. Athen muss dafür Zusagen über zusätzliche Einschnitte machen, sich EU-Kontrollen unterstellen und Garantien geben, dass das Sparprogramm auch nach dem absehbaren Regierungswechsel im April umgesetzt wird.

Um wie viel Geld geht es?

Bisher sind 130 Milliarden Euro vorgesehen. Davon sollen 100 Milliarden bis 2014 ausgezahlt werden. Die restlichen 30 Milliarden sind zur Absicherung des Schuldenschnitts der Privatgläubiger verplant. Dieser Verzicht soll Athens Schuldenlast von 350 Milliarden Euro um 100 Milliarden verringern.

Wieso ist das nötig?

Ohne weitere Unterstützung ist Athen im März pleite. Es geht aber nicht nur um kurzfristige Rettung: Das Kreditpaket und der Forderungsverzicht sollen dafür sorgen, dass der griechische Schuldenberg bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung sinkt. Dies gilt als Vorbedingung, damit Athen wieder auf eigenen Füßen stehen kann.

Reicht das geplante Paket aus?

Nein. Die Troika-Kontrolleure von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) kommen zu dem Schluss, dass damit allenfalls 129 Prozent erreichbar sind. Athen braucht also mehr Unterstützung, um seine Schuldentragfähigkeit sicherzustellen. Letzteres ist wiederum Voraussetzung für eine Beteiligung des IWF an den Hilfen. Die Finanzierungslücke wird auf bis zu 20 Milliarden Euro geschätzt. Wie sie geschlossen werden soll, ist offen.

Heißt das, dass Deutschland mehr zahlen muss?

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wehrt sich gegen eine Aufstockung der Not-Kredite der Staaten und gegen einen Forderungsverzicht öffentlicher Gläubiger. Allerdings könnten die Hauptstädte Athen für die Rückzahlung niedrigere Zinsen gewähren.

Welche Rolle spielt die EZB?

Die EZB ist mit Forderungen von geschätzten 50 Milliarden Euro der größte Einzelgläubiger Griechenlands. Denn seit dem ersten Hilfspaket in 2010 hat die Notenbank in großem Umfang griechische Anleihen gekauft. An einen Forderungsverzicht denkt sie aber nicht.

Was ist das Minimal-Ergebnis der heutigen Verhandlungen?

Die Einigung auf einen Schuldenschnitt. Das Umtauschangebot Griechenlands an seine privaten Gläubiger könnte dann am Mittwoch abgegeben werden. Das Problem: Beteiligen sich an dem freiwilligen Verzicht weniger als 90 Prozent der Gläubiger, wird der Schuldenerlass von 100 Milliarden Euro nicht erreicht. Es täte sich ein neues Loch auf — wenige Tage vor der drohenden Insolvenz.

Wie geht es im besten Fall weiter?

Die Euro-Gruppe billigt heute einen Schuldenschnitt. Die Banken erlassen dem Land 100 Milliarden Euro. Es gibt grünes Licht für weitere Hilfen der Eurozone in Höhe von 130 Milliarden Euro. Die Pleite im März ist abgewendet. Die EZB füllt die Finanzlücke, damit Griechenlands Schuldenstand bis 2020 wie angepeilt sinken kann. Im Gegenzug unterwirft sich Griechenland einer strikten Überwachung der EU und gibt Kompetenzen in der Haushaltspolitik ab.

Wäre eine Pleite mit Ausstieg aus dem Euro nicht die bessere Option?

Erklärt sich Athen zahlungsunfähig, müssten alle Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten, ein Neustart wäre möglich. Allerdings befürchtet Griechenlands Ministerpräsident Lukas Papademos für diesen Fall "ökonomisches Chaos" und "soziale Explosion". Denn die Regierung könnte Löhne und Renten nicht mehr zahlen, Treibstoff- und Stromknappheit sind zu befürchten. Die Bürger würden die Banken stürmen, um ihr Erspartes abzuheben; das griechische Finanzsystem könnte kollabieren.

Was wäre der Effekt für den Euro?

"Niemand kann vorhersagen, wie groß die Ansteckungseffekte eines solchen Schritts sind", sagt Oxford-Ökonom Clemens Fuest. Denn glauben die Märkte, dass Athen nur der Anfang einer Reihe von Austritten aus der Währungsunion ist, droht eine gefährliche Kettenreaktion. Banken, Versicherungen und Fonds würden versuchen, die Staatsanleihen von Krisenländern möglichst schnell abzustoßen. Spekulanten dürften auf weitere Staatspleiten wetten. Klar ist: Brauchen Italien und Spanien ebenfalls Hilfe, reichen die bisherigen Rettungs-Mittel bei Weitem nicht aus. Die Rufe nach höheren "Brandmauern" für die Euro-Zone werden deshalb derzeit immer lauter.

(RP/pst/csi)
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