Gipfel in Brüssel Bankgeheimnis in der EU vor dem Aus

Brüssel · Im Kampf gegen die Steuerflucht soll das Bankgeheimnis für Bürger aus dem Ausland nur noch bis Jahresende gelten. Diese Frist will der heutige Gipfel setzen, heißt es in Brüssel. Den EU-Staaten entgingen pro Jahr eine Billion Euro. Aber Luxemburg sperrt sich. Streit ist programmiert.

Der Unterschied zwischen Steuertrick und Steuerbetrug
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Foto: dpa, fz

Bisher scheiterten größere Fortschritte beim Kampf gegen Steuerbetrug an Luxemburg und Österreich. Die beiden EU-internen Steueroasen haben zwar ihre Blockade dagegen aufgegeben, dass die Kommission Abkommen zur Weitergabe von Steuerdaten mit Nicht-EU-Mitgliedern wie der Schweiz, Liechtenstein und Monaco aushandelt. Eine Verschärfung der Regeln innerhalb der Union verhindern sie jedoch.

Berlin verliert die Geduld

Sie erhalten bisher das EU-Bankgeheimnis für Ausländer aufrecht und führen nur eine anonyme Quellensteuer ab — statt sich am automatischen Datenaustausch über ausländische Steuerpflichtige zu beteiligen, den die anderen 25 EU-Staaten seit 2005 praktizieren. Zwar haben beide Länder grundsätzlich Bereitschaft zum Einlenken gezeigt, dies aber zuletzt aus Angst vor Wettbewerbsnachteilen von EU-Abkommen mit Drittstaaten wie der Schweiz, San Marino, Andorra oder Liechtenstein abhängig gemacht.

Die Bundesregierung verliert langsam die Geduld: "Wir können nicht mit Drittstaaten über einen weitergehenden Informationsaustausch verhandeln, als wir letztlich bereit sind, innergemeinschaftlich anzuwenden", hieß es in Regierungskreisen. Der Gipfel will offenbar vorgeben, dass die Verhandlungen mit Drittstaaten bis Jahresende zum Erfolg führen, hieß es aus Diplomatenkreisen. Damit würde auch der Druck auf Österreich und Luxemburg verstärkt, einer Ausweitung der EU-Zinssteuer bis Dezember zuzustimmen.

Banken droht Lizenzentzug

Den EU-Staaten entgehen durch Steuerflucht jährlich rund eine Billion Euro Einnahmen. Dies ist fast doppelt so viel wie das Haushaltsdefizit aller 27 Mitgliedsstaaten 2012. Im bisherigen Entwurf der Gipfel-Schlussfolgerungen verpflichten sich die Hauptstädte indes nur, den Kampf gegen Steuerbetrug zu beschleunigen — mit Priorität auf einer Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs auf EU-Ebene und global.

Dem Europaparlament ist das zu wenig. Die Parlamentarier fordern eine europäische schwarze Liste für Steueroasen. Banken, die Beihilfe zu Steuerbetrug leisten, soll die Lizenz entzogen werden. Unternehmen, die gegen die Steuernormen der EU verstoßen, sollen keine EU-Mittel oder staatlichen Beihilfen erhalten. Zur Verhinderung von Steuerumgehung sollten die EU-Mitgliedstaaten auch Datenbanken von Kraftfahrzeugen, Land, Jachten und anderen Vermögenswerten nutzen. Multinationale Unternehmen sollen ihre Steuerzahlungen in den einzelnen EU-Staaten veröffentlichen müssen.

Weiteres Thema: hohe Energiepreise

Außerdem werden die hohen Energiepreise erstmals Gipfel-Thema: Die steigenden Abgaben gefährden Wachstum und Jobs in Europa. Die "Versorgung mit erschwinglicher und nachhaltiger Energie" sei entscheidend, um Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum zu schaffen, heißt es im Entwurf der Gipfelerklärung. Wenn die EU-Staaten die Vollendung eines Energie-Binnenmarktes konsequent vorantrieben, brächte das nach EU-Berechnungen 30 Milliarden Euro Einsparungen jährlich.

(RP/pst)
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