Auf dem Weg nach Westen Bayern erwartet bis zu 10.000 Flüchtlinge

München · Tausende Flüchtlinge sind auf dem Weg nach Deutschland, die Behörden in Bayern bereitet sich auf ihre Ankunft vor. Die Bundesregierung begründet ihre Einreiseerlaubnis mit einer "akuten Notlage".

 Eine junge Polizistin nimmt am Bahnhof in München den kleinen Hassan in Empfang.

Eine junge Polizistin nimmt am Bahnhof in München den kleinen Hassan in Empfang.

Foto: dpa, nar kno

Nach der von Deutschland und Österreich überraschend ermöglichten Einreise sind Tausende Flüchtlinge aus Ungarn über die Grenze nach Westen gezogen. Im österreichischen Nickelsdorf an der Grenze zu Ungarn kamen allein am Samstagmorgen 4000 Menschen an. Österreichs Behörden stellten sich auf bis zu 10.000 Flüchtlinge ein.

Die meisten haben offenbar Deutschland als Reiseziel. Allein in Bayern wurden Tausende Flüchtlinge erwartet. Die bayerische Polizei sprach von 5000 bis 10.000. "Wir haben bislang keine verlässlichen Zahlen", sagt der Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Stefan Sonntag. Derzeit liefen die Abstimmungen mit anderen Behörden, wie mit den Hilfesuchenden verfahren werden solle.

Berlin und Wien hatten nach übereinstimmenden Regierungsangaben am Freitagabend beschlossen, die in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge Richtung Deutschland und Österreich ausreisen zu lassen. "Wir haben jetzt eine akute Notlage bereinigt", sagte ein Regierungssprecher am Samstag in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. "In diesem Fall stimmen Deutschland und Österreich einer Weiterreise der Flüchtlinge zu."

Merkel: Keine Steuererhöhungen wegen Flüchtlingszustrom

Vor dem Spitzentreffen der großen Koalition am Sonntagabend pocht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Haushaltsdisziplin trotz erheblicher Mehrkosten durch steigende Flüchtlingszahlen. "Wir können nicht einfach sagen: Weil wir eine schwere Aufgabe haben, spielt jetzt der ausgeglichene Haushalt oder die Frage der Verschuldung überhaupt keine Rolle mehr." "Wir werden keine Steuern erhöhen", sagte sie weiter. Ziel sei weiterhin, einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden aufzustellen. Es sei erfreulich, dass sich die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden positiv entwickelten, wo gerade jetzt "unerwartete neue Herausforderungen zu meistern" seien.

Zeitgleich wird in Luxemburg verhandelt

Offen ist aber, wie Ungarn, Deutschland und Österreich mit dem weiteren Zustrom von Flüchtlingen grundsätzlich umgehen wollen. Das Ringen um ein einheitliches Vorgehen in der Flüchtlingspolitik ging am Samstag auch am zweiten Tag des EU-Außenministertreffens in Luxemburg weiter.

In der Nacht wurden laut dem ungarischen Innenministerium rund 4500 Migranten im Auftrag der Regierung mit Bussen an die österreichische Grenze gebracht, von dort ging es für sie zunächst zu Fuß weiter ins Nachbarland. Stunden später ließ Budapest wissen, dass es sich bei dem Bustransfer um eine einmalige Aktion gehandelt habe.

Arabische Lautsprecherdurchsagen am Bahnhof

Diese Menschen helfen Flüchtlingen
23 Bilder

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Am Wiener Westbahnhof trafen bis zum Vormittag mehr als 1000 Flüchtlinge aus Nickelsdorf in Bussen sowie mit einem Sonderzug ein.
Arabische Lautsprecherdurchsagen informierten die Menschen über die nächsten Abfahrtsmöglichkeiten Richtung Deutschland, wohin die meisten von ihnen weiterreisen wollten. Freiwillige Helfer begrüßten die Menschen mit Applaus und teilten Essen, Getränke und Decken aus.

Laut der Österreichischen Bundesbahn sollen die Flüchtlinge mit Zügen nach München sowie Frankfurt am Main weiterreisen können. Allein vom Wiener Westbahnhof aus seien für Samstag sechs Zugabfahrten nach München und vier weitere über Passau nach Frankfurt geplant.

EU-Länder halten an Dublin fest

Die Regierung von Oberbayern erwartete allein am Münchener Hauptbahnhof bis zu 2000 Flüchtlinge im Tagesverlauf, einige Migranten trafen am Vormittag bereits ein. Auch die Polizei in Rosenheim stellte sich nach Angaben eines Sprechers auf den "Ansturm" mehrerer tausend Flüchtlinge ab dem Mittag ein.

Beim EU-Außenministertreffen in Luxemburg betonte der österreichische Chefdiplomat Sebastian Kurz am Samstag, das Dublin-System gelte nach wie vor. Nach diesem ist derjenige Mitgliedstaat, in dem ein Asylbewerber erstmals europäischen Boden betritt, für das Asylverfahren verantwortlich. Kurz regte einen Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs zur Flüchtlingskrise an.

Zu den Gesprächen in Luxemburg wurden auch Vertreter aus den westlichen Balkanstaaten erwartet. Über Länder wie Serbien versuchen derzeit Tausende Asylsuchende, in westliche EU-Staaten zu gelangen.
Die EU-Kommission will vorschlagen, die westlichen Balkanländer EU-weit zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären und die Abschiebung dorthin zu erleichtern.

(dpa Reuters)
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