Trotz Wahlniederlage Britische Premierministerin May will neue Regierung bilden

London · Obwohl die Konservativen ihre absolute Mehrheit verloren haben, plant Theresa May offenbar die Bildung einer neuen Regierung. 649 von 650 Wahlbezirken sind ausgezählt. Die Konservativen haben zur Zeit 318 Mandate.

Großbritannien: Das ist Theresa May
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Trotz der herben Verluste ihrer Konservativen bei der Parlamentswahl will Großbritanniens Premierministerin Theresa May eine neue Regierung bilden. Sie werde noch am Freitagmittag bei Königin Elizabeth II. um die Erlaubnis dafür bitten, teilte ein Regierungssprecher in London mit.

May strebe eine konservative Minderheitsregierung mit Duldung der nordirischen Protestanten der DUP (Democratic Unionist Party) an, hieß es in britischen Medien. Eine Absprache mit der DUP gebe es dafür bereits. DUP-Chefin Arlene Foster sagte, Gespräche über eine Zusammenarbeit sollten am Wochenende laufen.

Bei der Wahl wurden Mays Tories hart abgestraft. Sie verloren die absolute Mehrheit, blieben insgesamt aber die stärkste Kraft im Unterhaus. Nach der Auszählung fast aller Stimmen konnte keine der beiden großen Parteien eine Mehrheit der 650 Wahlkreise für sich gewinnen. Bis Freitagmittag fehlte nur noch ein Wahlkreis: Kensington im Zentrum Londons war der letzte, der sein Ergebnis noch nicht vorgelegt hatte. An den Mehrheitsverhältnissen im Parlament ändert das Ergebnis aber nichts mehr.

May hatte die Neuwahl im April ausgerufen — mit der Absicht, ihre Regierungsmehrheit zu vergrößern. Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei hatte sie aufgefordert, ihren Posten zu räumen. Er brachte eine eigene Minderheitsregierung ins Spiel.

Wahl in Großbritannien: Schock für die Konservativen, Labour-Partei jubelt
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Schock für die Konservativen, Labour-Partei jubelt

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Der komplizierte Wahlausgang ist auch wichtig für die anstehenden Brexit-Gespräche zwischen London und Brüssel. Die hoch komplizierten Verhandlungen müssen bis Ende März 2019 abgeschlossen sein. Sonst scheidet Großbritannien ohne Vertrag oder Übergangsregelung aus der EU aus. Die Folgen für die Wirtschaft und die Bürger wären in diesem Fall kaum absehbar.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wartet nun auf ein Signal der Briten für den Beginn der Brexit-Verhandlungen. "Jetzt sind die Briten am Zug", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Das kann Juncker zufolge aber etwas dauern: "Der Staub in Großbritannien muss sich jetzt legen." Die EU könne die Gespräche sofort aufnehmen: "Wir sind seit Monaten bereit zu verhandeln. Wir können morgen früh anfangen."

Die Bundesregierung äußerte zurückhaltend zum Ausgang der Parlamentswahlen in Großbritannien. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte am Freitag in Berlin, man wolle den Wahlausgang nicht kommentieren und die Regierungsbildung abwarten. Sie erinnerte daran, dass Großbritannien am 29. März seinen Antrag auf Austritt aus der EU gestellt habe. "Seither läuft eine zweijährige Frist." Die EU stehe für die Verhandlungen bereit. "Daran hat sich nichts geändert." Diese Frist sei nur einstimmig zu verlängern. Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte unserer Redaktion, May habe sich selbst disqualifiziert.

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Die europäischen Börsen reagierten am Freitag zunächst mit leichten Gewinnen auf die Schlappe für die britische Premierministerin. Allerdings büßten die wichtigsten Aktienindizes einen Teil ihrer deutlichen Aufschläge im frühen Handel wieder ein.

(AFP/ap/dpa/heif)
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