Griechenland Der Weg für die 86-Milliarden-Euro-Hilfe ist frei

Brüssel · Die Eckpunkte und der Rahmen für neue Milliardenhilfen an Griechenland stehen: Experten Athens und der Geldgeber haben sich auf Voraussetzungen für Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro verständigt.

Das A und O der Griechen-Krise
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Foto: afp, lg/JH

Nach der "Grundsatzeinigung (...) auf technischer Ebene" in der Nacht zum Dienstag fehle nur noch eine "Einigung auf politischer Ebene", sagte eine Sprecherin der Brüsseler EU-Kommission. Bereits am Donnerstagabend könnte das Athener Parlament abstimmen, am Tag darauf könnten die Finanzminister der Euro-Staaten der Vereinbarung zustimmen. Danach müssten der Bundestag und andere nationale Parlamente grünes Licht geben.

Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos sagte nach dem Ende der Gespräche, es gebe "noch ein, zwei Details", die geklärt werden müssten. Wie schon in der Vergangenheit soll Athen die Finanzhilfen nur gegen weitreichende Reform- und Sparzusagen erhalten.

Am Nachmittag informierten Verhandlungsteilnehmer Vertreter der 28 EU-Staaten in einer Telefonkonferenz über Einzelheiten. Es wurde erwartet, dass dabei deutlich werden würde, ob die Absprache der Experten die Rückendeckung aller 19 Staaten mit der Euro-Währung hat.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte laut einer Sprecherin am Vorabend der Einigung mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gesprochen und wollte im Laufe des Dienstags mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten François Hollande telefonieren. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte mit Merkel, Hollande und Juncker schon am Montagabend telefoniert, wobei seine Regierung durchsickern ließ, die Atmosphäre des Gesprächs mit der Kanzlerin sei "nicht sehr warm" gewesen.

Die Athener Zeitung "Kathimerini" veröffentlichte eine Liste mit Vorgaben der Gläubiger. Demnach sollen die Abgaben für Reeder erhöht, mehr Steuerfahnder eingesetzt sowie Steuerbegünstigungen für Landwirte und die Ägäisinseln abgeschafft werden. Außerdem solle die umstrittene Immobiliensteuer weiter gelten und Steuersündern nicht länger erlaubt werden, ihre Schulden in Raten abzustottern. Die stufenweise Abschaffung der Frührente, ein Plan zur Rekapitalisierung angeschlagener Banken und zum Umgang mit faulen Krediten sowie die vollständige Liberalisierung des Energiemarktes und weitreichende Privatisierungen gehören demnach ebenfalls zum Paket.

Haushaltsziele festgezurrt

Verhandlungskreisen zufolge hat Griechenland mit den Geldgebern auch die Haushaltsziele für die kommenden Jahre festgelegt. So soll Athen in diesem Jahr ein sogenanntes Primärdefizit von 0,25 Prozent gestattet sein, 2016 dann wieder einen Primärüberschuss von 0,5 Prozent und 2017 schließlich 1,75 Prozent. Die Gläubiger würden sich also mit einem niedrigeren Überschuss zufriedengeben als den bislang geforderten 1, 2, und 3 Prozent der Wirtschaftsleistung in den Jahren 2015, 2016 und 2017.

Der Primärüberschuss klammert auf laufende Kredite entfallende Zinsen und Tilgungen aus. Er dient als Indikator, wie sich der Haushalt - also Einnahmen und Ausgaben - ohne Schuldendienst entwickelt.

Bei der Höhe der ersten Hilfszahlung für Griechenland waren sich die Vertreter der Geldgeber nach einem Bericht der Zeitung "Die Welt" (Mittwoch) allerdings zunächst nicht einig. Während einige Geldgeber den Griechen in einem ersten Schritt eher 20 bis 25 Milliarden Euro zahlen wollten, plädierte die EU-Kommission dafür, Hilfsgelder in einer Größenordnung von bis zu 40 Milliarden Euro an Athen zu überweisen, schrieb die Zeitung unter Berufung auf europäische Verhandlungskreise.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) betonte, nun brauche es einen "Wachstumsimpuls" für Griechenland. "Keine der Reformen des dritten Programms wird die Wirtschaft kurzfristig deutlich stärken können", erklärte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. "Deshalb sollte Europa ein Investitionsprogramm für Griechenland planen, das Beschäftigung und Wachstum nachhaltig stärkt."

Griechenland bekommt seit 2010 Finanzhilfen seiner Euro-Partner, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds. Bis zum 20. August braucht Athen frisches Geld, um 3,2 Milliarden Euro an die EZB zurückzuzahlen. Ansonsten wäre wohl eine weitere Zwischenfinanzierung nötig. Der SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer forderte deshalb eine Abstimmung im Bundestag noch vor diesem Datum - sofern das Parlament in Athen die Übereinkunft mit den Geldgebern denn tatsächlich am Donnerstag billigen sollte.

(dpa)
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