Griechische Schuldenkrise CDU rebelliert gegen drittes Hilfspaket

Berlin · Fragt man Hans-Peter Friedrich, den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wie viele seiner Kollegen wohl derzeit eine Basis für ein drittes Hilfspaket sehen, antwortet er: "Ich kenne keinen." Dennoch stellen sich die Abgeordneten darauf ein, schon bald mit einer Sondersitzung die parlamentarische Sommerpause zu unterbrechen.

 Nach dem Auslaufen des zweiten Hilfspakets müsste ein gänzlich neues Verfahren weiterer Griechenland-Kredite gleich zweimal durch den Bundestag.

Nach dem Auslaufen des zweiten Hilfspakets müsste ein gänzlich neues Verfahren weiterer Griechenland-Kredite gleich zweimal durch den Bundestag.

Foto: dpa, rje jai

"Schwimmen Sie nicht zu weit raus", riet Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) den Abgeordneten bei der letzten Sitzung in der vergangenen Woche. Es seien sogar eher Urlaubsorte in der Nähe des Reichstagsgebäudes zu empfehlen. Denn nach dem Auslaufen des zweiten Hilfspakets müsste ein gänzlich neues Verfahren weiterer Griechenland-Kredite gleich zweimal durch den Bundestag.

Sollte die EU-Kommission nach einem offiziellen Hilfsgesuch der griechischen Regierung die Schuldentragfähigkeit des Landes positiv einschätzen und sollten die Finanzminister mögliche Verhandlungen ebenfalls positiv bewerten, müsste der Bundestag der Regierung zunächst einmal grünes Licht geben, damit sie überhaupt in Verhandlungen eintreten dürfte. Über das Ergebnis müsste das deutsche Parlament dann erneut befinden.

Die Abgeordneten hätten jetzt in ihren Wahlkreisen intensiven Kontakt zu ihrer Parteibasis, erläutert Friedrich. Und dort seit die Meinung eindeutig: "Die Griechen haben das Recht, Nein zu sagen. Und jetzt haben wir das Recht, ebenfalls Nein zu sagen."

Vier Nein-Sager gab es in der Unionsfraktion, als am 7. Mai 2010 erstmals über Notkredite für Griechenland abgestimmt wurde. 13 und wenig später zwölf Abgeordnete wichen von der Fraktionsmeinung bei den weiteren Griechenlandhilfe-Entscheidungen am 27. Februar und 30. November 2012 ab. Damit verfehlte die damalige schwarz-gelbe Koalition die eigene Kanzlermehrheit, da das Lager der Skeptiker auch bei der FDP wuchs. Die Mehrheit sicherten seinerzeit SPD und Grüne.

Als am 27. Februar 2015 die Verlängerung der Stabilitätshilfe anstand, wuchs das Lager der Abweichler in der Union gewaltig: 29 Politiker folgten den dringenden Empfehlungen ihrer Partei- und Fraktionsführung nicht mehr. Das ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was nach dem als Provokation aufgefassten Kurs Athens in Merkels Fraktion heute blühen würde.

Die ersten zimmern bereits an Bedingungen. Carsten Linnemann legt sich fest: "Ohne einen Strategiewechsel hin zu einer Staaten-Insolvenzordnung kann ich weiteren Hilfen nicht zustimmen", sagte der Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung unserer Zeitung. Die "Vereinigten Staaten von Europa" würden in den nächsten Jahrzehnten nicht Realität. Solange es keine politische Union gebe, brauche Europa eine Insolvenzordnung, in der es entweder um die Sanierung zahlungsunfähiger Staaten oder um deren Austritt aus der Währungsunion gehe, so Linnemann. "In der jetzigen Konstruktion hat die Währungsunion keine Zukunft mehr." Die Rettungsschirmstrategie habe die griechische Regierung zudem "endgültig ad absurdum geführt".

(may-)
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