Dennis Snower Experte will Sparauflagen für Griechenland lockern

Athen · Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, fordert eine Lockerung der Sparauflagen für Griechenland und einen Schuldenschnitt – wenn sich das Land im Gegenzug verbindlich zu Strukturreformen verpflichtet.

 Dennis Snower sprach mit unserer Redaktion.

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Foto: Kieler Institut für Weltwirtschaft

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, fordert eine Lockerung der Sparauflagen für Griechenland und einen Schuldenschnitt — wenn sich das Land im Gegenzug verbindlich zu Strukturreformen verpflichtet.

Herr Professor Snower, was wäre jetzt die beste Vereinbarung mit Griechenland?

Snower Griechenland braucht langfristig eine Schuldenquote von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, der Weg dahin führt nur über einen automatisierten Fiskalplan. Das heißt, es müssen realistische Regeln vereinbart werden, die Griechenland bis zum Erreichen des Zieles eine antizyklische Fiskalpolitik erlauben, in der jetzigen Situation einer Rezession muss sich der Staat also stärker Verschulden und mit Staatsausgaben die Wirtschaft ankurbeln dürfen. Die massiven Sparprogramme, die derzeit von Griechenland verlangt werden, verschärfen die Probleme des Landes. Im Gegenzug muss aber sichergestellt werden, dass in Boomzeiten automatisch gespart wird und Schulden getilgt werden, ohne explizite Anweisung des Finanzministeriums. Der Fiskalplan muss bspw. automatische Anpassungen von Steuern oder Staatsausgaben vorschreiben, so dass nicht mit jedem Regierungswechsel der Schuldenabbau gefährdet ist.

Sollte es nicht neben den bereits vereinbarten Strukturreformen tatsächlich noch eine Art Marshall-Plan für Griechenland geben?

Snower Wenn Griechenland sich zu einem automatisierten Fiskalpakt und den notwendigen Strukturmaßnahmen verpflichtet, muss das Land vor allem einen Teil seiner Schulden loswerden. Zum einen durch Privatisierung von Staatseigentum, zum anderen durch einen erneuten Schuldenschnitt. Ob dabei Schulden tatsächlich erlassen werden oder durch erneute Verlängerung der Laufzeiten entfallen, ist ökonomisch einerlei. Dies muss mit wettbewerbsfördernden Strukturen und Investitionen des Staates, hauptsächlich für Humankapital, in Verbindung gebracht werden.

Wie soll Griechenland denn überhaupt kurz- und mittelfristig wachsen?

Snower Kurzfristig braucht Griechenland die Möglichkeit zu höherer Verschuldung und höheren Staatsausgaben. Langfristig muss die griechische Wirtschaft vor allem ihre internationale und europäische Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Aktuell ist die Industrie des Landes auf rohstoff- und arbeitsintensive Produkte ausgerichtet und steht damit im Preiswettbewerb mit Schwellen— und Entwicklungsländern. Obst, Früchte oder Fisch sind weit oben auf der Exportliste, versprechen aber in unveredelter Form kaum große Gewinne. Was fehlt, sind Hightech-Produkte "Made in Greece", erst dann kann das Land an der internationalen Wertschöpfungskette stärker teilhaben und es entstehen gut bezahlte Jobs.

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