Regierung überlegt, Geldinstitute geschlossen zu halten Die Angst vor dem großen Banken-Run in Zypern

Nikosia · Während die zypriotischen Sparer noch wütend und geschockt sind, hat die Regierung Angst vor einem Sturm auf die Banken: Zypern prüft deshalb, die Banken der Insel auch noch am Dienstag geschlossen zu halten, um einem Run auf die Geldinstitute zuvorzukommen. Dies berichtete der zyprische staatliche Rundfunk nach dem Ende einer Kabinettssitzung in Nikosia am Sonntagmorgen.

Die Regierung werde die Banken notfalls auch länger schließen, sollte es im Parlament keine Entscheidung über die umstrittene Sonderabgabe auf sämtliche Bankguthaben der Insel geben, hieß es weiter. Am Montag sind die Banken wegen eines Feiertages geschlossen.

Rund ein Drittel der Einlagen in Zypern sind in der Hand ausländischer Kontoinhaber - vor allem reicher Russen und Briten. Sorgen machen sich auch die 3500 britischen Soldaten auf Zypern.
Finanzminister George Osborne sagte ihnen am Sonntag aber zu, dass sie für alle Einbußen entschädigt werden sollen. "Jeder der Dienst für unser Land leistet, wird geschützt", sagte Osborne. In der ehemaligen englischen Kolonie leben insgesamt etwa 59.000 Briten.

Bankenverband-Präsident Schmitz begrüßt Zypern-Lösung

Der Präsident des Bankenverbandes, Andreas Schmitz, hat die Einigung über die Bankenrettung in Zypern begrüßt. "Ich bin froh, dass eine Lösung für Zypern schneller als erwartet gefunden wurde. Damit kehrt mehr Stabilität in die Euro-Zone zurück", sagte Schmitz unserer Redaktion. Europa habe sich als handlungsfähig erwiesen. Die Beteiligung von Bankkunden müsse als "außerordentliche Maßnahme" allerdings ein Einzelfall bleiben. "Im Falle Zyperns halte ich sie jedoch für vertretbar", sagte Schmitz. Zypern habe einen enorm überdimensionierten Bankensektor und sei insofern ein Sonderfall, der nicht mit anderen Ländern Europas vergleichbar sei. Wichtig sei darüber hinaus, dass Zypern jetzt auch beim Thema Geldwäsche die erforderlichen Maßnahmen ergreife.

Abstimmung verschoben

Über das nötige Gesetz sollte das Parlament eigentlich am Sonntagnachmittag abstimmen. Die entscheidende Sitzung wurde aber um 24 Stunden vertagt. Zuvor sollen am Montagmorgen eine weitere Kabinettssitzung sowie am Nachmittag ein Treffen der Parteispitzen stattfinden. Ebenfalls verschoben wurde eine Fernsehansprache von Präsident Nikos Anastasiades, wie der staatliche Rundfunk berichtete.

Anastasiades hat keine klare Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die beiden Mitte-Rechts- Parteien DISY und DIKO, die ihn stützen, haben im Parlament nur 28 von 56 Sitzen, nachdem ein Abgeordneter der liberal-konservativen DIKO seine Fraktion verlassen hat. Auch ist keineswegs gesichert, dass die verbleibenden acht DIKO-Abgeordneten für das Gesetz stimmen werden.

Die Finanzminister der Eurogruppe hatten in der Nacht zu Samstag beschlossen, die zyprischen Bankkunden an der Rettung des wirtschaftlich angeschlagenen Landes zu beteiligen. Sie sollen eine Sonderabgabe von 6,75 Prozent auf Guthaben bis 100 000 Euro und 9,9 Prozent auf höhere Beträge zahlen. So sollen geschätzt 5,8 Milliarden Euro zusammenkommen, wie Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach der Einigung auf das Hilfspaket in Brüssel sagte. Insgesamt soll das Hilfspaket ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro haben.

Nach dem Bekanntwerden der Zwangsabgabe versuchten am Samstag viele Menschen auf Zypern, ihre Konten zu räumen. Kurzzeitig kam es zu einem Ansturm auf einige wenige Genossenschaftsbanken, die geöffnet hatten. Dutzende versuchten ihre Spareinlagen abzuheben, berichtete der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Sie wurden von den Angestellten darüber informiert, dass das Onlinesystem der Banken außer Betrieb sei. Später schlossen auch die wenigen geöffneten Filialen.

Die wichtigsten Punkte des Rettungspaketes:

HILFSKREDITE: Bis zu zehn Milliarden Euro stellen die Geldgeber der klammen Mittelmeerinsel zur Verfügung. Das Geld ist sowohl für die Rekapitalisierung von Banken als auch zur Finanzierung des Staatshaushalts vorgesehen. In welcher Höhe der Internationale Währungsfonds sich beteiligt, ist noch unklar.

ABGABE AUF BANKEINLAGEN: Bankkunden in Zypern werden kräftig zur Kasse gebeten. Bei Einlagen unter 100.000 Euro wird ein Einmal-Beitrag von 6,75 Prozent fällig, bei höheren Summen sind es 9,9 Prozent. Das soll insgesamt 5,8 Milliarden Euro bringen. Das Geld für die Abgabe wird auf den Konten gesperrt, bevor die Banken das nächste Mal öffnen. Am Montag haben sie wegen eines Feiertags geschlossen. Zyperns Regierung prüft aber, die Banken der Insel auch noch am Dienstag geschlossen zu halten, um einen Run auf die Geldinstitute zu verhindern. Am Montag soll das Parlament der Zwangsabgabe zustimmen.

SCHULDENTRAGFÄHIGKEIT: Die Staatsverschuldung wird mit dem Hilfsprogramm deutlich steigen. Sie soll bis zum Ende des Jahrzehnts auf 100 Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzt werden.

STEUERN: Die niedrige Steuer für Unternehmen steigt. Statt bisher 10 Prozent werden künftig 12,5 Prozent fällig. Auch auf Kapitaleinkünfte gibt es höhere Abgaben.

SCHRUMPFKUR FÜR DEN BANKENSEKTOR: Der aufgeblähte Bankensektor soll auf Normalmaß schrumpfen. Bis 2018 soll er im Verhältnis zur Wirtschaftskraft des Landes das Durchschnittsniveau der EU erreichen.

SPAREN: Zyperns Regierung muss weniger ausgeben. Der Inselstaat soll Ausgaben in Höhe von 4,5 Prozent seiner Wirtschaftsleistung einsparen.

KAMPF GEGEN GELDWÄSCHE: Ein strenges Vorgehen Nikosias gegen Geldwäsche war eine Bedingung für das Hilfspaket. Zypern lässt die Maßnahmen unabhängig überprüfen.

(dpa/felt/das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort