Europawahl Die Radikalen werden stärker

Brüssel (RPO). Europawahl 2009. Beunruhigend neben der niedrigen Wahlbeteiligung ist das Erstarken extremer und und zum Teil europafeindlicher Parteien. In Großbritannien etwa schaffte die offen rassistische British National Party den Sprung ins Parlament. In Österreich feierten die rechtspopulistische FPÖ und die Euroskeptiker, in den Niederlanden der anti-islamische Geert Wilders.

Die Radikalen in Europa
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Foto: AP

Die Erfolge der Radikalen sind eine Folge der besorgniserregend niedrigen Wahlbeteiligung von im Schnitt 43 Prozent. Viele Wähler machen ihrem Ärger über die Regierungsparteien Luft, die Stammklientel bleibt eher zuhause.

Die Folge: die Großen verlieren, die Kleinen gewinnen. Und dazu zählen auch zunehmend extremistische Parteien. "Eine Schande für Europa und seine Wähle"r, kommentierte am Sonntagabend Elmar Theveßen, stellvertretender Chefredakteur des ZDF das Wahlergebnis.

Deutschland tanzt in dieser Hinsicht aus der Reihe. Hier schöpften die etablierten Kleinen FDP und Grüne Stimmen ab. Nicht so in vielen europäischen Ländern.

Großbritannien In vielen EU-Staaten konnten rechtspopulistische und europakritische Parteien zulegen. Vorneweg die rechtsextremistische British National Party (BNP). Sie hat bei der Europawahl in Großbritannien mindestens einen Sitz erobert. Die Partei, die nur Weiße als Mitglieder zulässt und Großbritannien aus der EU abmelden will, gewann einen Sitz in der Region Yorkshire and the Humber. Politiker der etablierten Parteien werteten das gute Abschneiden der Rechtsextremisten als Reaktion der Wähler auf ihre Unzufriedenheit mit der Einwanderungspolitik und der Sorge wegen der Rezession, die zu steigender Arbeitslosigkeit geführt hat.

Niederlande In den Niederlanden verbuchte die rechtspopulistische PVV auf Anhieb einen Wahlerfolg von knapp 17 Prozent der Stimmen. Wilders' gründete seine Partei für die Freiheit (PVV) erst im Jahr 2006, sie trat damit also erstmals bei der Europawahl an - und holte damit quasi aus dem Stand vier Abgeordnetensitze im Europäischen Parlament, wie die Auszählung von 99,7 Prozent der Stimmen ergab. Die PVV liegt damit nur knapp hinter der christdemokratischen CDA von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende, die 19,9 Prozent holte - 4,5 Prozentpunkte weniger als bei der Europawahl 2004. Statt sieben wird die CDA künftig nur noch fünf Sitze im Europa-Parlament haben.

Der 45-jährige Wilders fuhr im Wahlkampf einen markant anti-islamischen Kurs. Die PVV lehnt einen EU-Beitritt der Türkei ab und warnt vor einer "katastrophalen Islamisierung" Europas. In den Niederlanden wirbt sie für einen Baustopp für Moscheen und macht sich stark für ein Verbot der Zuwanderung aus muslimischen Ländern.

Österreich Überraschend gut schnitt die Liste von EU-Skeptiker Hans-Peter Martin mit 17,9 Prozent der Stimmen ab. Martin wurde von der "Kronen-Zeitung" unterstützt und legte verglichen mit 2004 um 3,9 Prozentpunkte zu. Er freute sich in einer ersten Reaktion über "überraschend viel Zuspruch". "Drei Hechte können mehr machen als einer", sagte Martin, dessen Bürgerliste nunmehr über drei Sitze im EU-Parlament verfügen dürfte.

Im Vergleich zur Parlamentswahl 2008, in der sie noch rund 30 Prozent der Wählerstimmen holten, mussten Österreichs Rechtspopulisten beim Europa-Votum Verluste einstecken, auch wenn sie im Vergleich zur Europawahl 2004 zulegten. Trotz eines Zuwachses von 6,8 Prozentpunkten blieb die FPÖ mit 13,1 Prozent deutlich hinter den Erwartungen zurück - nach letzten Umfragen waren der im Wahlkampf mit Islam-feindlichen Parolen auftretenden Partei 17 Prozent vorhergesagt worden. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache feierte sich trotzdem als Wahlsieger. "Wir haben mehr als 100 Prozent zugelegt", sagte Strache. Die 2005 von der FPÖ abgespaltene BZÖ kommt auf 4,7 Prozent der Stimmen und verpasst damit knapp den Einzug ins Europaparlament.

Auch in Finnland, Rumänien und der Slowakei gewannen radikale Strömungen hinzu.

Im Europaparlament sind die radikalen Parteien nun die viertstärkste Gruppierung. Sie nehmen 90 der 736 Sitze ein. Neu: In Zukunft wollen sie zusammenarbeiten, wie ein Korrespondent des ZDF berichtete. Bisher seien die radikalen Splitterparteien nicht zusammengekommen, weil sie politisch nie auf eine Linie kamen. Das soll sich jetzt offenbar ändern. Der Konsens auf den sie sich verständigen könnten liegt auf der Hand: Gemeinsamkeiten finden sie im Frontalkurs gegen Europa.

(AP)
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