EU-Ratspräsident Donald Tusk "Die Idee von einer europäischen Nation ist eine Illusion"

Rom · In der Folge der Flüchtlingskrise ist EU-Ratspräsident Donald Tusk besorgt über einen zunehmenden antieuropäischen Nationalismus und zieht eine ernüchternde Bilanz.

 EU-Ratspräsident Donald Tusk, Professor Joseph Halevi Horowitz Weiler, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (von links).

EU-Ratspräsident Donald Tusk, Professor Joseph Halevi Horowitz Weiler, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (von links).

Foto: ap

Die Staatengemeinschaft müsse "die Radikalen" dabei stoppen, an Macht zu gewinnen, sagte Tusk am Donnerstag während eines Treffens in Rom, an dem unter anderen auch Italiens Regierungschef Matteo Renzi, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker teilnahmen. Ein Mittel gegen radikale politische Strömungen sei, den Bürgern während der Flüchtlingskrise mit effektiven Kontrollen der EU-Außengrenzen ein Sicherheitsgefühl zu geben.

"Heute müssen wir uns eingestehen, dass dieser Traum von einem europäischen Staat mit einem gemeinsamen Interesse, mit einer Vision (...), eine Illusion war", sagte Tusk. Die EU begegne derzeit einem "wirklich riskanten und kniffligen" Moment. Juncker ergänzte, dass man plötzlich feststellen gemusst habe, dass nicht jeder die Ansichten der EU zum Umgang mit der Flüchtlingskrise teile.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) äußerte Verständnis für den EU-Verdruss vieler Bürger: "Europa ist ein Versprechen, aber ein Versprechen, das nicht eingehalten wurde", sagte er bei der Veranstaltung in der italienischen Hauptstadt.

Generationen von Europäern hätten Opfer erbracht, damit das Versprechen Europas von mehr Jobs, mehr Dienstleistungen und mehr Wachstum erreicht werde, zumindest für die Kinder. Doch jetzt verlangten die Staats- und Regierungschefs noch mehr Opfer, weniger Dienstleistungen, höhere Steuern, "um was zu tun? Die Banken zu retten", sagte Schulz.

Nationalistische und antieuropäische Stimmungen haben sich bei verschiedenen Wahlen in Deutschland und anderen EU-Mitgliedsstaaten gezeigt. Die Angst vor einer Überforderung durch Hunderttausende ankommende Flüchtlinge haben die Europäische Union vor eine große Zerreißprobe gestellt.

(felt/ap)
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