Präsidenten-Stichwahl in Polen Tod einer 80-Jährigen sorgt für verlängerte Wahlruhe

Warschau · Nach der Stichwahl für das Präsidentenamt am Sonntag müssen die Polen bis zum späten Abend auf die ersten Prognosen warten. Grund ist der Tod einer 80-jährigen Frau, die im Wahllokal der schlesischen Gemeinde Kowale zusammengebrochen war.

 Zwischen diesen beiden können sich die Polen in der Stichwahl entscheiden: Amtsinhaber Bronislaw Komorowski (r), der von der liberalkonservativen Regierungspartei Bürgerplattform (PO) unterstützt wird, und Andrzej Duda, der Kandidat der nationalkonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS).

Zwischen diesen beiden können sich die Polen in der Stichwahl entscheiden: Amtsinhaber Bronislaw Komorowski (r), der von der liberalkonservativen Regierungspartei Bürgerplattform (PO) unterstützt wird, und Andrzej Duda, der Kandidat der nationalkonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS).

Foto: dpa, ukit fob vfd kno

Nach einer Unterbrechung von eineinhalb Stunden, während denen Rettungskräfte versuchten, die Frau wiederzubeleben, wurde die Wahl dort bis 22.30 Uhr verlängert. Die staatliche Wahlkommission in Warschau ordnete daraufhin an, dass die sogenannte Wahlruhe in Polen bis zu diesem Zeitpunkt gilt. Das heißt, es dürfen bis dahin keine Stellungnahmen zur Wahl abgegeben werden.

Nach einem Wahlkampf voller Emotionen und zunehmend heftiger Angriffe haben die Polen über einen neuen Präsidenten entschieden. Die Wahlbeteiligung war am Sonntag wenige Stunden vor Schließung der Wahllokale deutlich gestiegen. Bis 17 Uhr stimmten 40,5 Prozent der rund 30 Millionen Wahlberechtigten ab, wie die Wahlkommission mitteilte. Mittags hatte die Beteiligung erst bei 17,4 Prozent gelegen.

Die Polen haben am Sonntag nicht nur über einen neuen Präsidenten abgestimmt, sondern auch ein gutes Stück über die künftige Ausrichtung ihres Landes und die Zukunft der Regierung. Denn in Polen kann der Präsident einer "gegnerischen" Regierung das Leben schwer machen - mit seinem Veto, mit eigenen Gesetzesinitiativen. Und im Herbst stehen Parlamentswahlen an.

Der Stichwahl zwischen dem Amtsinhaber Bronislaw Komorowski von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) und seinem nationalkonservativen Herausforderer Andrzej Duda von der Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) kam damit besondere Bedeutung zu.

Entsprechend hoch gingen die Emotionen in der Schlussphase des Wahlkampfs. "Andrzej Duda - to sie uda" (Andrzej Duda, das gelingt) dichteten die PiS-Strategen optimistisch und sahen in einem Erfolg Dudas auch die Weichen für einen Machtwechsel gestellt.

"Bronislaw, du musst"

Genau das ist der Alptraum nicht nur der Liberalkonservativen. "Bronek, musisz" (Bronek = Kurzform für Bronislaw, du musst) drängten Intellektuelle, Künstler und Prominente wie der Regisseur Andrzej Wajda, der Boxer Dariusz Michalczewski oder der Schauspieler Andrzej Seweryn in sozialen Medien auf eine Wiederwahl des 62-jährigen.

Ehemalige Topdiplomaten, keineswegs alle von ihnen PO-Anhänger, erinnerten an das letzte Mal, als mit dem 2010 tödlich verunglückten Lech Kaczynski ein Nationalkonservativer Polens oberster Repräsentant war, vor allem aber an die PiS-Regierungskoalition unter Jaroslaw Kaczynski: Polens Außenpolitik sei damals von Komplexen und Konflikten mit wichtigen Partnern in der EU und von Dauerspannungen mit dem wichtigen Nachbarn Deutschland geprägt gewesen. In Zeiten des Ukrainekonflikts dürfe es keine Neuauflage einer solchen Politik geben.

In den Fernsehdebatten der vergangenen Woche erinnerte einiges in Dudas Rhetorik in der Tat an die vergangenen Warschauer Querschüsse Richtung Berlin oder Brüssel. Polen müsse seine nationale Identität auch in der EU bewahren, seine nationalen Interessen verfolgen, betonte der 43-jährige. Dagegen sieht Komorowski die Position Polens vor allem in der Zusammenarbeit mit Deutschland und Frankreich etwa im Rahmen des Weimarer Dreiecks gestärkt.

Tusk: "Besonders wichtige Wahl"

Das Verhältnis Komorowskis etwa zu Bundespräsident Joachim Gauck gilt als gut, nicht zuletzt aufgrund einer ähnlichen Vergangenheit in der Bürgerrechtsbewegung in Polen und in der DDR. Europaparlamentarier Duda betonte, er sei im Europäischen Parlament zur Zusammenarbeit mit anderen Parteien in der Lage - doch Konsens und Kompromiss waren in der Vergangenheit nicht die Stärken führender PiS-Politiker.

Der ehemalige polnische Regierungschef und heutige EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach am Sonntag von einer "besonders wichtigen Wahl". Tusk warnte angesichts des denkbar knapp erwarteten Ausgangs davor, den ersten Prognosen allzu viel Vertrauen zu schenken: "Ich nehme an, dass beide Kandidaten nicht bis heute abend, sondern bis morgen mittag warten, ehe Champagner entkorkt oder Tränen vergossen werden."

(dpa)
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