Schlagabtausch im Sicherheitsrat "Es ist der falsche Präsident"

New York · Im UN-Sicherheitsrat liefern sich die amerikanischen und russischen Botschafter einen verbalen Schlagabtausch. Russland rechtfertigt sein Vorgehen auf der Krim mit einem angeblichen Hilferuf des gewählten Präsidenten Janukowitsch.

UN-Botschafter zeigt Janukowitsch-Brief
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UN-Botschafter zeigt Janukowitsch-Brief

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Ungeachtet des wachsenden internationalen Drucks hält Russland an seinen Militäraktionen auf der Krim fest. In der dritten Sitzung des UN-Sicherheitsrates innerhalb von vier Tagen rechtfertigte UN-Botschafter Witali Tschurkin am Montag das Vorgehen seines Landes mit einem Brief des mittlerweile abgesetzten ukrainischen Präsident Viktor Janukowitsch, in dem dieser Russland um Hilfe gebeten habe. Nach ukrainischer Darstellung befinden sich mittlerweile 16.000 Soldaten auf der strategisch wichtigen Halbinsel.

Tschurkin erklärte, Janukowitsch habe Präsident Wladimir Putin um militärische Unterstützung gebeten, um für "Legitimität, Frieden, Recht und Ordnung, Stabilität sowie den Schutz des ukrainischen Volkes" zu sorgen. Der UN-Botschafter zeigte im Sicherheitsrat die Kopie eines entsprechenden Schreibens, das nach seiner Darstellung von Janukowitsch stammt.

Russland: Janukowitsch der "rechtmäßig gewählte Repräsentant"

In dem Schreiben habe der "rechtmäßig gewählte Repräsentant" davor gewarnt, dass die Ukraine am Rande eines Bürgerkriegs stehe. Das Vorgehen seines Landes sei "völlig angemessen und gerechtfertigt", um die Menschenrechte der russisch-sprechenden Minderheit auf der Krim zu schützen, sagte Tschurkin.

Die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Powers entgegnete nach der Verlesung des Schreibens süffisant an die Adresse Tschurkins: "Man könnte denken, dass Moskau gerade zum verlängerten Arm der schnellen Eingreiftruppe des UN-Kommissars für Menschenrechte geworden ist."

Janukowitsch, der nach seinem Sturz geflohen war, hatte am vergangenen Freitag selbst erklärt, dass er Russland nicht um militärische Hilfe bitten werde.

Der französische UN-Botschafter Gérard Araud bezeichnete den Brief als ein Stück Papier, das die Unterschrift von Janukowitsch trage. Auf die Frage, ob der Brief authentisch sei, sagte er: "Es ist kein falscher Brief. Es ist der falsche Präsident."

Granaten eingesetzt?

Der ukrainische UN-Botschafter Juri Sergejew bat die internationale Staatengemeinschaft abermals um Hilfe. In einem Schreiben an die 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen listete er auf, in welchen Umfang Russland mit mittlerweile rund 16.000 Soldaten die Kontrolle über Regierungs- und Militäreinrichtungen auf der Krim übernommen habe.

Sergejew beschuldigte russische Kämpfer zudem, bei der Einnahme einer Militärbasis bei Sewastopol am Sonntag Granaten eingesetzt zu haben und dabei einen ukrainischen Soldaten so schwer verletzt zu haben, dass er mit Kopfverletzungen im Koma liegt. Sollte er sterben, wäre er das erste Todesopfer des Konflikts auf der Krim.

Dass der UN-Sicherheitsrat irgendwelche Schritte gegen Russland einleiten wird, gilt jedoch als ausgeschlossen. Russland besitzt in dem Gremium ein Veto-Recht und kann damit alle Entscheidungen blockieren.

Um die Situation auf der Krim zu beobachten, sollten nach Worten Powers Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ab Montagabend in die Ukraine entsandt werden. Sie rief Russland dazu auf, der unabhängigen Organisation, in der auch Russland Mitglied ist, die Arbeit zu ermöglichen und erhielt dabei Unterstützung von Großbritannien, Frankreich und zahlreichen anderen Mitgliedern des Sicherheitsrates.

Tschurkin schloss die Zulassung von OSZE-Vertretern auf der Krim nicht aus, eine endgültige Entscheidung müsse jedoch die Regierung treffen.

(ap)
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