2015 drohen weitere Probleme EU: Ist nach der Krise vor der Krise?

Brüssel · Europas Errungenschaften Frieden, Freiheit und Wohlstand sind – 100 Jahre nach Ausbruch des ersten Weltkriegs, 75 nach Beginn des zweiten und 25 Jahre nach dem Mauerfall – keine Selbstverständlichkeit. Das hat das Erinnerungsjahr 2014 gelehrt.

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Europas Errungenschaften Frieden, Freiheit und Wohlstand sind — 100 Jahre nach Ausbruch des ersten Weltkriegs, 75 nach Beginn des zweiten und 25 Jahre nach dem Mauerfall — keine Selbstverständlichkeit. Das hat das Erinnerungsjahr 2014 gelehrt.

Denn die Wirtschaftskrise konnte noch immer nicht überwunden werden und die Konfrontation mit Russland ist bis hin zu militärischen Muskelspielen eskaliert. Aus Syrien heimkehrende Dschihadisten haben die Terrorgefahr erhöht.

Zu den sozialen Verheerungen, welche Eurokrise und Sparpolitik speziell in Südeuropa hinterlassen haben, hat sich die Angst vor Krieg gesellt. Das Vertrauen in den Kurs der Regierenden sinkt. Die EU befindet sich mithin in einer existenzbedrohenden Dreifachkrise — ökonomisch, sicherheitspolitisch wie legitimatorisch.

Das sind die Mitglieder der EU-Kommission 2014 - 2019
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Das sind die Mitglieder der EU-Kommission

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EIn neuer Kommissionspräsident

Dabei sind im zurückliegenden Jahr einige Weichen für die Zukunft durchaus richtig gestellt worden. Dem stärker Trennenden wurde stärker Verbindendes gegenübergestellt: Trotz stark auseinanderklaffender Wirtschaftsstärke mit Deutschland an der Spitze existiert nun eine gemeinsamen Bankenunion.

Jenseits aller Kritik, die längst nicht mehr davor zurückschreckt, in der EU eine totalitäre "EUdSSR" zu sehen, bekleidet in Jean-Claude Juncker nun derjenige Politiker das wichtige Brüsseler Amt des Kommissionspräsidenten, dessen Partei bei der Europawahl die meisten Stimmen bekam.

Akteure in der Krim-Krise
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Akteure in der Krim-Krise

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Und nicht zuletzt hat der Spaltpilz, den der russische Präsident Wladimir Putin so hervorragend zu säen versteht, eher die Menschen in Europa, nicht aber ihre gewählten Vertreter auseinanderdividieren können.

Die positiven Botschaften, zu denen auch der erklärte Wille in Brüssel zählt, sich nur noch auf Dinge mit echtem europäischem Mehrwert zu konzentrieren, nehmen sich jedoch klein aus angesichts der Probleme, vor denen die Gemeinschaft steht. Das zeigt schon ein Blick in den Kalender des ersten Halbjahrs 2015, das turbulent zu werden verspricht.

Wie weiter mit den Russland-Sanktionen

Wie gefährlich ist Russlands "Gas-Waffe"?
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Schon in den ersten Wochen könnte die Eurokrise eskalieren, falls es in Griechenland zu Neuwahlen käme und keine politische Übereinkunft mit einer neuen Links-Regierung mehr möglich wäre. Im März muss die EU-Kommission nicht nur ihr Urteil über die Defizitsünder Frankreich und Italien sprechen.

Zudem laufen nach einem Jahr die ersten Russland-Sanktionen aus; weder für eine Verlängerung noch für eine Abschwächung gibt es bisher die notwendige Einstimmigkeit. Und nach den Unterhauswahlen im Mai wird feststehen, ob Premier David Cameron weiterregieren und den Briten 2017 in einem Referendum den EU-Austritt anbieten wird.

Zu diesen Ereignissen, die politische Beben auslösen könnten, gesellen sich ungelöste Altlasten: Der Binnenmarkt ist längst nicht so entwickelt, dass er den Anforderungen eines dynamischen und wettbewerbsfähigen Kontinents genügte. In Brüssel werden derzeit weitreichende Harmonisierungen in den Bereichen Digitales und Energie vorbereitet, die für Zündstoff sorgen werden.

2015 wird eine Bewährungsprobe

Trotz Bankenunion ist das Finanzsystem längst nicht sicher. Viele Institute bleiben vermeintlich systemrelevant, dadurch "too big to fail" und müssten im Krisenfall wieder vom Steuerzahler gerettet werden. Gegen eine Aufspaltung wehrt sich die Branche vehement.

Und nicht zuletzt fußt die Währungsunion ohne eng aufeinander abgestimmte Wirtschaftspolitik noch nicht auf einer nachhaltigen Grundlage. Im Februar soll ein Euro-Gipfel zumindest einmal wieder mit der Diskussion über eine EU-Vertragsänderung beginnen.

Erstmals überhaupt ist das letzte Gipfeltreffen des Jahres 2014 um einen Tag verkürzt worden, weil es nichts mehr zu entscheiden gab. Das dürfte sich 2015 mit großer Sicherheit ändern. Es wird eine Bewährungsprobe für die Europäische Union.

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