"Diskriminierung ausländischer Autofahrer" EU-Kommission verklagt Deutschland wegen Pkw-Maut

Brüssel · Die EU-Kommission verklagt Deutschland wegen der Pkw-Maut. Die geplante Abgabe stelle eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer dar, teilte die Brüsseler Behörde am Donnerstag mit.

 Mautschild am Rostocker Warnowtunnel (Archiv)

Mautschild am Rostocker Warnowtunnel (Archiv)

Foto: dpa, jbu vfd tba tmk

Sie habe daher beschlossen, ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzuleiten. Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr ein Verfahren wegen Verletzung von EU-Recht eingeleitet. Aus ihrer Sicht werden Ausländer diskriminiert. Zwar sollen sowohl In- als auch Ausländer die deutsche Maut zahlen müssen. Doch allein Inländer würden im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet, und zwar auf den Cent genau in Höhe der Maut.

In den vergangenen Monaten gingen immer wieder Schriftsätze zwischen Brüssel und Berlin hin und her. Trotz zahlreicher Kontakte mit den deutschen Behörden seien die Bedenken aber nicht ausgeräumt worden, teilte die EU-Kommission weiter mit.

Dass kein Inländer extra belastet werden darf, ist im schwarz-roten Koalitionsvertrag verankert. Die Maut ist ein zentrales Projekt der CSU in der Bundesregierung. Das entsprechende Gesetz ist beschlossen, die Umsetzung liegt aber derzeit auf Eis.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte gegenüber Brüssel immer wieder auf der Rechtmäßigkeit der Regelung beharrt. Die Bedenken seien unberechtigt. Der Minister hatte selbst den Gang vor den EuGH gefordert und von einer "Verzögerungstaktik" der EU-Kommission gesprochen.

Er sei jedoch optimistisch, dass die Pkw-Maut vor Gericht Bestand haben wird. "Die Infrastrukturabgabe ist europarechtskonform, das wird der Europäische Gerichtshof bestätigen", sagte er am Donnerstag in Berlin. "Deutschland erwartet jetzt ein zügiges Verfahren, damit die Infrastrukturabgabe anschließend technisch umgesetzt werden kann."

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte: "Wenn die EU-Kommission Bedenken hat, die durch die Bundesregierung nicht ausgeräumt werden können, müssen diese geklärt werden." Für die SPD sei klar, dass es keine zusätzliche Belastungen für deutsche Autofahrer geben dürfe. "Daran wird nicht gerüttelt."

Grünen-Fraktionschef Hofreiter: "Klatsche mit Ansage"

Grünen-Faktionschef Anton Hofreiter sagte: "Diese Klage ist eine Klatsche mit Ansage und hochnotpeinlich für die Bundesregierung." Es sei überfällig, die Maut endlich zurückzuziehen, um noch größeren Schaden zu vermeiden. Der Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens sagte, bis auf einen bayerischen Minister sei allen klar, dass die Maut grob rechtswidrig sei. "Um dem Spuk ein Ende zu setzen, sollte das Mautgesetz sofort aufgehoben werden."

Das Gesetz ist längst beschlossen, wird wegen des EU-Verfahrens aber noch nicht angewendet. Wann eine Umsetzung starten könnte, ist weiterhin offen. Das Modell sieht vor, dass inländische Autobesitzer auf Autobahnen und Bundesstraßen eine "Infrastrukturabgabe" zahlen sollen, Pkw-Fahrer aus dem Ausland auf Autobahnen. Nach Abzug der Systemkosten sollen jährlich 500 Millionen Euro hereinkommen.

Wenn die Maut umgesetzt würde, führte sie de facto dazu, dass nur deutsche Autohalter von der Nutzungsgebühr befreit seien, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Sie gab sich zugleich gesprächsbereit. "Wir werden weiter in engem Kontakt mit den deutschen Behörden bleiben, damit eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann." Kritisch sieht Brüssel auch die Preise für die geplante Kurzzeitmaut für zehn Tage und zwei Monate, die ausländische Fahrer kaufen können. Diese Preise seien im Vergleich zur Jahresmaut teils unverhältnismäßig hoch.

Nach europäischem Recht dürfen EU-Staaten Gebühren für Lkw und Pkw einführen. "Eine Straßennutzungsgebühr ist nur dann EU-rechtskonform, wenn sie nicht auf Grund der Staatsangehörigkeit diskriminiert", hatte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc bereits bei der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens im Jahr 2015 gesagt.

(sb/dpa)
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