Streit über Ausbau Bankenunion EU will deutsche Sparer zur Kasse bitten — Union empört

Brüssel · Die EU-Kommission will nationale Sicherungssysteme für Sparguthaben stufenweise in ein europäisches System überführen. Deutschland wehrt sich und verlangt, dass andere Länder zuerst nationale Reservetöpfe aufbauen sollten.

EU-Kommission will deutsche Sparer zur Kasse bitten
Foto: V. Weber

Der Streit über den weiteren Ausbau der europäischen Bankenunion geht weiter: Gegen das Nein der Bundesregierung hat die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, mit dem nationale Sicherungsfonds für Sparguthaben in ein europäisches System überführt werden sollen. So sieht das geplante Stufenmodell aus:

In einer ersten Phase von 2017 bis 2020 soll es laut Kommission "nur" um eine Art "Rückversicherung" der existierenden nationalen Einlagensicherungssysteme gehen. Diese sollen jedem Kunden bei der Insolvenz seiner Bank Sparguthaben bis 100.000 Euro erstatten, könnten aber bei der Pleite eines großes Geldhauses überfordert und schnell leer sein. Dann könnte das neue "European Deposit Insurance Scheme" (Edis) samt Fonds einspringen — bis zu einer noch zu definierenden Obergrenze. In der zweiten Phase würde die europäische Einlagensicherung einen Teil der Erstattungskosten übernehmen — zunächst 20, dann 40, 60, 80 Prozent, ehe 2024 die dritte Phase der vollen Vergemeinschaftung erreicht wäre.

Bundesregierung und -tag lehnen die Pläne strikt ab. "Wir sind sehr irritiert darüber, mit welcher Vehemenz vor allem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das Projekt der gemeinsamen Einlagensicherung gegen den erklärten Willen Deutschlands vorantreibt", sagte Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus. "Hier wird der vierte Schritt vor dem zweiten gemacht. Die Bankenunion in der EU ist längst noch nicht fest etabliert", sagte Brinkhaus.

Die ersten beiden Pfeiler der Bankenunion stünden noch nicht auf stabilem Fundament. In der Hälfte aller EU-Länder sei die EU-Einlagensicherungsrichtlinie noch gar nicht umgesetzt. Im Bundestag hieß es, man man sei fassungslos über das Vorgehen der EU-Kommission. Befürchtet wird, Brüssel könnte versuchen, das Projekt nur an eine einfache Mehrheit im Ministerrat zu knüpfen. Deutschland könnte dann überstimmt werden und hätte formal keine Möglichkeit, das Projekt zu stoppen.

Immerhin kommt der Kommissionsvorschlag Deutschland ein wenig entgegen. So soll ausgeschlossen werden, dass Banken aus anderen Ländern und damit indirekt deren Kunden für Institute in einem anderen Euroland haften, wenn dieses nicht Vorsorge getroffen und alle EU-Regeln für seine Bankenlandschaft umgesetzt hat. In 14 der 28 Staaten gibt es noch gar keine nationalen Einlagensicherungen, wie sie die EU-Richtlinie vorschreibt, in fünf Ländern fehlt die Abwicklungsrichtlinie, der zufolge zuerst Aktionäre und Gläubiger einer insolventen Bank zur Kasse gebeten werden müssen, ehe Verluste bei den Spareinlagen zu Buche schlagen dürfen. Die deutschen Sparkassen und Volksbanken sollen "ihre institutsspezifischen Sicherungssysteme beibehalten" und keine höheren Kosten fürchten müssen, da die Beiträge zum europäischen System "von den Beiträgen zur nationalen Einlagensicherung abgesetzt werden können". Zudem, so die Behörde, werde sich der Beitrag am Risikoprofil einer Bank orientieren.

Das hat die Bedenken der deutschen Seite nicht zerstreut. Die sind nämlich viel grundsätzlicherer Natur. "Wenn man in der falschen Richtung, in die Sackgasse unterwegs ist, dann hilft auch kein Stufenplan", erklärte Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon im Deutschlandfunk. Eine EU-weite Einlagensicherung würde nicht, wie von der Kommission behauptet, die Finanzmarktstabilität in Europa erhöhen, sondern verringern. Mit einem europäischen Topf, so der Sparkassen-Verband DSGV, "müsste nicht mehr so stark auf die Solidität des eigenen Geschäftsmodells geachtet werden, da andere den Schaden mit auffangen könnten".

(mar)
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