Kritik an Alexis Tsipras im EU-Parlament Liberaler Guy Verhofstadt lässt seiner Wut freien Lauf

Brüssel · Wie sauer mancher EU-Abgeordneter auf den griechischen Premier Alexis Tsipras ist, zeigte sich am Mittwoch im EU-Parlament. Neben Bravo-Rufen gab es auch Pfiffe. Und der Chef der Liberalen, Guy Verhofstadt, ließ in seiner Rede seiner Wut freien Lauf.

 Guy Verhofstadt im EU-Parlament.

Guy Verhofstadt im EU-Parlament.

Foto: Screenshot Youtube

Guy Verhofstadt begann seinen Redebeitrag zunächst noch ganz friedlich. Er hieß Tsipras willkommen und sagte, er müsse keine Angst haben vor dem EU-Parlament. Und auch er sei froh, denn erstmals könnten die Abgeordneten mit ihm diskutieren, und das sei wichtig bezüglich einer Problemlösung. Doch lange blieb der Belgier dann doch nicht friedlich. Im Gegenteil: Immer mehr redete er sich in seiner mehr als siebenminütigen Rede in Rage.

Tsipras sage, das griechische Volk habe enorme Anstrengungen unternommen, so Verhofstadt. Und das sei wahr. Wer aber keine Anstrengungen unternommen habe, das seien die griechischen Politiker — "das ist das Problem heute". "Ich bin wütend, weil sie immer von Reformen reden, doch wir sehen niemals konkrete Vorschläge", rief der Liberale in Richtung des Griechen.

"Weder Sie noch wir zahlen die Rechnung", führte er fort, als es um einen möglichen Grexit ging, "sondern es wird das griechische Volk sein". Daher forderte er ein "Paket für tiefgreifende Reformen". Die EU erwarte ein glaubwürdiges Reformpaket mit Fahrplan und Zielvorgaben. Dazu gehörten auch ein Ende des Klientelismus, eine Reduzierung des aufgeblähtem Beamtenapparats und die Privatisierung der Banken. Der griechische Premier könne das tun, denn niemand zuvor habe so eine starke Legitimation gehabt, sagte er mit Blick auf Wahlen und Referendum, die Syriza gewonnen hatte.

Und dann wird Verhofstadt nochmal deutlich und geht auf die Person Tsipras selbst ein. "Wie sollen sich die Menschen an Sie erinnern? Als Wahl-Unfall, der die Menschen in seinem Land arm gemacht hat, oder als echter revolutionärer Reformer?", fragt der Liberale, um noch hinzuzufügen. "Zeigen Sie, dass sie ein wahrer Anführer sind und kein falscher Prophet. Tun Sie es!" Was er dann auch nochmal bei Twitter wiederholte.

Verhofstadt war nicht der einzige, der Tsipras angriff. Ungewöhnlich scharfe Töne schlug auch der sonst eher besonnene Chef der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei an. Tsipras belüge sein eigenes Volk und erhalte im Europaparlament Applaus bei den Extremen, sagte Manfred Weber. "Sie umgeben sich mit den falschen Freunden", rief der CSU-Politiker und erntet laute Pfiffe von den Abgeordneten am rechten und linken Rand des Plenums.

(das)
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