Stagnation erwartet Euro-Prognose voller Hiobsbotschaften

Berlin/Brüssel · Die Brüsseler Kommission und der deutsche Sachverständigenrat erwarten 2013 eine Stagnation im Euro-Raum. Während sich die Lage Griechenlands dramatisch zuspitzt, wächst auch die Sorge um Frankreichs Wirtschaft.

Fragen und Antworten zum EU-Gipfel im Oktober 2012
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Foto: AP, AP

Die europäische Schuldenkrise hat ihren Höhepunkt noch längst nicht erreicht: Während sich die Lage Griechenlands weiter dramatisch verschlechtert, wachsen in der EU-Kommission und in der Bundesregierung die Sorgen über die schwache Wirtschaftsentwicklung in Frankreich. Die zweitgrößte Volkswirtschaft im Euro-Raum bekomme ihr Defizit nicht in den Griff, warnte gestern EU-Währungskommissar Olli Rehn bei der Vorstellung seiner Herbstprognose. "Angesichts der rezessiven Tendenzen im Euro-Raum bereitet die Entwicklung in Frankreich zunehmend Sorgen", schreibt auch der Sachverständigenrat in seinem gestern vorgelegten Jahresgutachten.

Die Wirtschaftskraft der 17 Euro-Länder schrumpft in diesem Jahr um 0,4 Prozent und legt 2013 um magere 0,1 Prozent zu, so die Prognose der EU-Kommission. Im Mai war Brüssel noch von einem Minus von 0,3 Prozent 2012 und einem deutlichen Plus von 1,0 Prozent für das kommende Jahr ausgegangen. Der Sachverständigenrat sieht in seiner Prognose auch 2013 noch ein leichtes Minus von 0,1 Prozent.

Größtes Sorgenkind bleibt Griechenland. Die Wirtschaft bricht den EU-Experten zufolge in diesem Jahr um sechs statt um 4,7 Prozent ein, wie noch im Frühjahr berechnet. Für 2013 wird mit einem Minus von 4,2 Prozent gerechnet, statt mit einer Rückkehr zum Nullwachstum wie in der Mai-Prognose. Der Schuldenstand wächst rasant auf 176,7 Prozent der Wirtschaftskraft im laufenden Jahr. Für kommendes Jahr sehen die Experten einen Schuldenberg von 188,4 Prozent, und für 2014 wird mit einem weiteren Anstieg auf 188,9 Prozent gerechnet.

Damit rückt das Ziel in weite Ferne, den Schuldenstand bis 2020 auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu reduzieren. Dieser Wert wird vom Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Bedingung für seine weitere Beteiligung an der Griechenland-Rettung gemacht. Der IWF fordert daher nun einen Forderungsverzicht öffentlicher Gläubiger, was die Euro-Staaten und die Europäische Zentralbank (EZB) strikt ablehnen.

Seit Monaten laufen intensive Verhandlungen über die finanzielle Zukunft des Landes und eine mögliche Lockerung der Auflagen. Der Bericht der Troika aus Experten des IWF, der EZB und der EU über die Sparfortschritte wird in den kommenden Tagen erwartet. Am Montag treffen sich die Finanzminister der Euro-Länder, um über Griechenland zu beraten. Athen wartet dringend auf die Freigabe von 31,5 Milliarden Euro, ohne die das Land am Monatsende zahlungsunfähig sein soll. Über die Maßnahmen zur Griechenland-Rettung wird der Bundestag voraussichtlich in der übernächsten Woche abstimmen.

Griechenland fordert von den Partnern zwei Jahre mehr Zeit zur Erfüllung der Sanierungsauflagen. Das würde aber ein zusätzliches Milliarden-Loch aufreißen, das gestopft werden müsste. Voraussetzung für jegliches Entgegenkommen ist, dass das griechische Parlament ein umkämpftes weiteres Sparpaket mit einem Umfang von 13,5 Milliarden Euro billigt. Dies sollte noch in der Nacht geschehen.

Frankreichs Präsident François Hollande kann sein Versprechen nicht halten, 2013 wieder die Drei-Prozent-Defizitgrenze des Stabilitätspakts einzuhalten. Frankreichs Defizit werde 2013 und auch noch 2014 bei 3,5 Prozent des BIP liegen, so die EU-Prognose. "Frankreich ist meine größte Sorge in der gesamten Euro-Debatte", sagte ein führendes Mitglied der Berliner Koalition. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, die hohe Arbeitslosigkeit, die schlechte Haushaltslage — überall gebe es enormen Handlungsbedarf. Der Sachverständigenrat erwartet nach der Stagnation im laufenden Jahr 2013 nur ein französisches Mini-Wachstum von 0,3 Prozent.

Schlechte Nachrichten kamen von der EU-Kommission auch für Spanien und Italien. Spaniens Defizit werde 2013 und 2014 mindestens doppelt so hoch ausfallen wie der EU-Grenzwert von drei Prozent, sagte Rehn.Die Regierung in Madrid hatte sich hingegen das Ziel gesetzt, das Defizit auf 4,5 Prozent im kommenden Jahr und 2,8 Prozent im Jahr 2014 zu drücken. Auch die Wachstumsaussichten für Spaniens Wirtschaft sieht die EU-Kommission pessimistischer als Madrid selbst. Nicht besonders gut steht auch Italien da. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Währungsunion dürfte im kommenden Jahr weiter schrumpfen, um 0,5 Prozent.

(mar)
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