Athen dementiert Ultimatum Europa setzt Griechenland massiv unter Druck

Athen · Die griechischen Parteien bekommen doch mehr Zeit für eine Einigung. Wie die sozialistische Pasok am Vormittag mitteilte, bestehen die Kreditgeber doch nicht auf einer Frist bis Montagmittag. Unter Zugzwang bleibt Athen dennoch. Die Bedingungen der Troika hat das Land offenbar um Längen verfehlt. Das Wirrwarr zeigt vor allem eins: In Athen liegen die Nerven blank.

 Wieder keine Einigung: Die Krisengespräche für die Griechenland-Rettung wurden vertagt.

Wieder keine Einigung: Die Krisengespräche für die Griechenland-Rettung wurden vertagt.

Foto: afp, ARIS MESSINIS

Am Montagmorgen sorgte eine Medlung aus Athen für helle Aufregung. Ein Sprecher der sozialistischen Pasok-Partei hatte der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntagabend mitgeteilt, die Kreditgeber hätten Athen ein Ultimatum gesetzt. Bis zum Mittag sollten die Koalitionsparteien erklären, ob sie die Sparauflagen der Troika akzeptierten. Dann wäre es zeitlich noch möglich, dass die Euro-Arbeitsgruppe in Brüssel über die Absichtserklärung beraten könne.

Am späten Vormittag folgte das Dementi. Ein Ultimatum gebe es nicht, eine Einigung habe Zeit bis zum nächsten Treffen der Eurogruppe. Die politischen Parteien in Griechenland müssen sich Regierungskreisen zufolge erst bis zum nächsten Euro-Gruppen-Treffen über die Bedingungen für ein zweites Rettungspaket für das hoch verschuldete Land verständigen.

Eine Frist bis Montagmittag gebe es nicht, verlautete aus den Kreisen. Der Regierungsvertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte: "So eine Frist gibt es nicht." Die einzige Deadline, die es gebe, sei, sich bis zum nächsten Treffen der Euro-Gruppe zu einigen. Das Treffen wird in dieser Woche erwartet.

Drama auf Wiedervorlage

Ob erst heute oder im Lauf der nächsten Wochen: Wieder einmal steht Griechenlands Zukunft auf Messers Schneide. Dass sich nun auch noch ein Sprecher der Regierungspartei Unwahrheiten verbreitet, zeigt wie chaotisch die Lage in den Führungsetagen sich derzeit darstellt.

Diesmal sieht es noch enger aus denn je. Bis spätestens Ende März müssen fast 15 frische Milliarden her, andernfalls ist das Land pleite. In Griechenland steht es mehr denn je Spitz auf Knopf. In den Verhandlungsrunden geht es endgültig um die Exitsenz.

In Athen jagt seit dem Wochenende eine Krisensitzung die nächste, um das von der Pleite bedrohte Land zu retten. Die Regierung in Athen steht inzwischen offenbar vor einer Einigung auf noch härtere Sparmaßnahmen, wie aus Regierungskreisen verlautete. Am Montagnachmittag will Ministerpräsident Lucas Papademos zu einem alles entscheidenden Treffen mit den Vorsitzenden der Parteien zusammenkommen, die seine Regierung unterstützen. Aus Protest gegen weitere Kürzungen kündigten die Gewerkschaften einen spontanen Streik für Dienstag an. Der drohende Staatsbankrott ist auch eines der beherrschenden Themen eines Treffens in Paris von Kanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Nicolas Sarkozy, die mit zahlreichen Ministern zu den regelmäßigen deutsch-französischen Konsultationen zusammenkommen.

Die griechische Regierung steht an mehreren Fronten unter massivem Druck: So muss sie sich mit den Finanzkontrolleuren von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB), der sogenannten Troika, nicht nur auf weitere Einsparungen einigen, sondern auch die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern für den dringend benötigten Schuldenschnitt in Höhe von 100 Milliarden Euro erfolgreich zu Ende bringen. Die Einigung ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Tranche von Milliarden-Hilfskrediten an das klamme Land. Sollten die Verhandlungen scheitern, droht dem Land die Staatspleite.

"Katastrophale Zustände"

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung (Montag) spricht die "Troika" in ihrem jüngsten Griechenland-Bericht von "katastrophalen Zuständen". Die Sparvorgaben seien deutlich verfehlt worden, schreibt das Blatt. Eine Einigung mit den internationalen Kontrolleuren steht noch immer aus.

Am Sonntagabend war eine Verhandlungsrunde der regierungsstützenden Parteien mit Papademos ohne konkretes Ergebnis zu Ende gegangen, wie das Büro des Ministerpräsidenten mitteilte.

Papademos und die Parteivorsitzenden hatten sich lediglich darauf verständigt, die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit des Landes mit Maßnahmen zu verbessern, die auch Lohnkürzungen beinhalten könnten. Gewerkschaften sprachen von "gewaltigen Kürzungen" und der "Abschaffung von Errungenschaften der Arbeiter".

Spontane Streiks

Athen ist demnach bereit, den Staat um 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes 2012 zu verschlanken. Die "Troika", fordert, dass bis Juni 15 000 Staatsbedienstete gehen. Weiter sollen Maßnahmen zur Rettung der Banken und Rentenkassen Griechenlands nach einem Schuldenschnitt getroffen werden. Zahlen und konkrete Maßnahmen wurden jedoch nicht genannt.

Aus Protest gegen neue drohende Kürzungen kündigten die Gewerkschaften bereits für Dienstag einen spontanen Streik an. Die Vorstände kamen am Montagmorgen zu Beratungen zusammen. Welchen Umfang die Arbeitsniederlegung haben wird, war zunächst unklar. "Es ist eine Katastrophe. Wir werden 25 Prozent unseres Einkommens verlieren. Wir wollen morgen schon streiken", sagte ein Sprecher der Gewerkschaft des privaten Bereichs (GSEE) der Nachrichtenagentur dpa.

Söder plädiert für einen Neustart

Um Griechenland zu retten, wird eine stärkere Beteiligung der Europäische Zentralbank (EZB) und der nationalen Notenbanken am Rettungspaket für Athen in Betracht gezogen. Zuletzt hatten sich Deutschland und Frankreich gemeinsam für den Fiskalpakt mit Schuldenbremsen in 25 EU-Ländern stark gemacht. Dieser Erfolg würde geschmälert, wenn in Griechenland die Lage eskaliert und der gefährliche Präzedenzfall eintritt, dass ein Euro-Mitglied nicht mehr zu retten ist.

Der bayerische CSU-Finanzminister Markus Söder erwartet indes keine Einigung mehr bei den Beratungen über das griechische Sparprogramm. "Ich glaube persönlich nicht mehr, dass da eine Einigung möglich ist, alle bemühen sich", sagte Söder im Deutschlandfunk. Man müsse bei den Sparüberlegungen aber auch sehen, was den Griechen überhaupt noch zumutbar sei. Die Frage sei, ob es nicht besser wäre, "einen Neustart zu machen, eine Art Griechenland 2.0, indem sie sich überlegen, einen neuen Weg zu gehen, und der kann letztlich nur ein Austritt aus der Eurozone sein."

(dpa/REU)
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