Große Sorgen um Euro-Wackelkandidaten Europa will Spanien Luft zum Atmen lassen

Brüssel · Erleichterung über Griechenland, neue Sorge um Spanien: Die Südeuropäer leiden unter einer desaströsen wirtschaftlichen Entwicklung und verpassen ihre von Europa gesetzten Sparziele deutlich. Die Finanzminister der europäischen Nachbarn zeigen sich dennoch nachgiebig.

 Im Scherz würgt Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker den spanischen Finanzminister Luis De Guindos.

Im Scherz würgt Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker den spanischen Finanzminister Luis De Guindos.

Foto: afp, GEORGES GOBET

Nach wochenlangem Drängen hinter den Kulissen erreichte die neu gewählte konservative spanische Regierung, dass die Einsparungen in diesem Jahr nicht mehr so hart wie nach dem ursprünglichen Plan ausfallen müssen. Spanien argumentierte, die Wirtschaft rutsche 2012 in die Rezession mit einem BIP-Rückgang von 1,7 Prozent.

Wackelkandidat Spanien

Spanien gilt als Wackelkandidat in der Schuldenkrise: In diesem Jahr wird ein Schrumpfen seiner Wirtschaftskraft erwartet, fast jeder vierte Spanier ist arbeitslos. Die schlechte Wirtschaftslage wirkt sich auch auf die Steuereinnahmen und somit den Staatshaushalt aus. Nachdem das Haushaltsdefizit des im vergangenen Jahr bereits rund 8,5 Prozent des BIP betrug, gab die Regierung in Madrid kürzlich bekannt, dass sie für dieses Jahr ein Defizit von 5,8 Prozent erwartet - anstatt der ursprünglich mit der EU vereinbarten 4,4 Prozent.

Die Eurozone fordert von Spanien gleichzeitig weitere Anstrengungen, um sein Haushaltsdefizit zu verringern. Die Regierung in Madrid solle Einsparungen in Höhe von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vornehmen, erklärte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker nach einem Treffen.

"Deutlich überschritten"

Die Haushaltsziele seien vergangenes Jahr "deutlich überschritten worden", was "größere Konsolidierungsanstrengungen 2012 nötig macht", sagte Juncker. Damit Spanien nicht wie das benachbarte Portugal oder Griechenland internationale Finanzhilfe benötigt, hatte die Regierung in Madrid bereits eine Reihe von Spar- und Reformmaßnahmen beschlossen.

Angesichts der schlechten Wirtschaftslage wird der spanischen Regierung damit nun offenbar mehr Spielraum beim Defizitabbau als bisher eingeräumt. Juncker bestritt auf Nachfrage von Journalisten, dass der Beschluss bereits die als Lehre aus der Schuldenkrise beschlossenen Bemühungen der Eurozone für strikte Haushaltsdisziplin schwäche.

Neues Ziel 2013

EU-Währungskommissar Olli Rehn wies darauf hin, dass ein Erreichen der EU-Defizitgrenze von höchstens 3,0 Prozent schließlich erst für das kommende Jahr vereinbart sei. Die Euro-Länder drängen nun darauf, dass Spanien diese Marke nicht reißt. "Wichtig ist das Ziel, dass im Jahr 2013 die drei Prozent erreicht werden", sagte Juncker. Der Erklärung der Finanzminister zufolge bekannte sich die spanische Regierung dazu, dieses Ziel schaffen zu wollen.

Aufgrund der Diskussion über Spanien stand Griechenland diesmal nicht im Fokus des Treffens. Nach den Zusagen der großen Mehrheit der privaten Gläubiger des Landes für einen historischen Schuldenschnitt in der vergangenen Woche beschlossen die Euro-Finanzminister Juncker zufolge jedoch grundsätzlich die Freigabe des zweiten Hilfspakets in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro. Nach letzten technischen Arbeiten soll endgültig grünes Licht noch in dieser Woche gegeben werden.

Der Schuldenschnitt für Griechenland übertrifft offenbar die Erwartungen der Euro-Länder: Durch den Verzicht der privaten Gläubiger könne der Schuldenstand des Landes bis zum Jahr 2020 auf 117 Prozent des BIP gedrückt werden, sagte Juncker. Bislang war durch Schuldenschnitt und Hilfspaket ein Stand von 120,5 Prozent angepeilt worden.

(AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort