Wirtschaftsweiser Wolfgang Franz "EZB-Anleihekäufe sind Todsünde"

Berlin · Wolfgang Franz, Chef der Wirtschaftsweisen, lehnt im Interview mit unserer Redaktion Eurobonds kategorisch ab, erklärt sein Modell eines Schuldentilgungspakts und bezieht Stellung zu den angeblichen Plänen zu Elite-Bonds.

 Wolfgang Franz, hier mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), glaubt nicht an den Sinn von Elite-Bonds.

Wolfgang Franz, hier mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), glaubt nicht an den Sinn von Elite-Bonds.

Foto: dpa, dpa

Viele Experten sehen nur noch zwei Wege aus der Schuldenkrise: die rasche Einführung von Eurobonds oder unbegrenzte Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank. Was wäre das kleinere Übel?

Franz Beide Alternativen lehne ich ab. Die Finanzierung von Staatsschulden durch eine Zentralbank gehört nach aller historischen Erfahrung zu den Todsünden einer Notenbank. Sie setzt damit ihre Unabhängigkeit aufs Spiel und riskiert eine Inflation. Eurobonds bedeuten eine Vergemeinschaftung der Staatsverschuldung mit der Folge, dass die notwendigen Anstrengungen der Problemländer, ihre öffentlichen Haushalte zu konsolidieren, alsbald erlahmen dürften.

Der Sachverständigenrat hat mit dem Schuldentilgungspakt eine eigene Lösung vorgeschlagen. Er ist aber kaum auf Resonanz gestoßen. Warum?

Franz Wie ich höre, werden unsere Überlegungen in Berlin und Brüssel jetzt ernsthaft diskutiert und geprüft. Der Schuldentilgungspakt ist eine Notlösung, falls sich die Finanzmärkte nicht beruhigen. Außerdem wollen wir mit dem Pakt ein Bollwerk gegen weitere Anleihekäufe seitens der EZB und gegen die Eurobonds errichten.

Und wie soll das genau funktionieren?

Franz Beim Schuldentilgungspakt können die Mitgliedsstaaten ihre Staatsschulden oberhalb von 60 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt sukzessive, je nach Fälligkeit, in einen Fonds einlagern, für den die Gemeinschaft haftet. Es bestehen aber zwei entscheidende Unterschiede zu den Eurobonds. Zum einen schafft sich der Tilgungsfonds im Zeitablauf selbst ab. Zum anderen müssen die Mitgliedsstaaten drei sehr harte Bedingungen erfüllen. Erstens müssen sie nationale Schuldenbremsen einführen. Zweitens muss die Tilgung mit Hilfe eines Aufschlags auf eine nationale Steuer erfolgen, infrage kommen da die Einkommen- und Umsatzsteuer. Das Aufkommen fließt dann in den Tilgungsfonds. Drittens müssen die teilnehmenden Länder ihre Währungsreserven als Pfand für ordnungsgemäße Tilgungen hinterlegen.

Was ist von "Elite-Bonds" zu halten, die sechs Euro-Staaten mit AAA-Rating gemeinsam ausgeben würden?

Franz Mir ist nicht klar, wie mit Elite-Bonds die Schuldenmisere der Problemländer gelöst werden soll. Außerdem dürften die Finanzmärkte dann alsbald testen, wie weit es mit dem Prädikat "Elite" für einzelne Länder her ist. Ich fürchte, dass damit der Anfang vom Ende der Währungsunion eingeleitet würde.

Was würde in Deutschland passieren, wenn die Euro-Zone tatsächlich implodieren würde?

Franz Das wäre ein Desaster erster Ordnung. Gerade Deutschland hat vom Euro erheblich profitiert. Die D-Mark wurde seinerzeit oft aufgewertet, mit beträchtlichen Schwierigkeiten für die Exportwirtschaft und hohen Arbeitsplatzverlusten. Dies sollten die D-Mark-Nostalgiker bedenken.

(RP/csi)
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