Flüchtlinge - EU plant Militäreinsatz EU nimmt in Flüchtlingskrise Schlepper ins Visier

Brüssel · Europa macht in der Flüchtlingskrise mit seinem militärischen Vorgehen gegen Schlepperbanden ernst. Die EU-Außen- und Verteidigungsminister befassten sich am Montag mit dem Konzept für eine Militärmission im Mittelmeer.

Flüchtlingsdramen im Mittelmeer
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Foto: ap, ALT

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ging davon aus, dass der Plan angenommen wird. Er verwies gleichzeitig darauf, dass für Teile ein UN-Mandat nötig sei. EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini zeigte sich zuversichtlich, dieses zu bekommen.

Allein in diesem Jahr sind bereits fast 1800 Flüchtlinge bei dem Versuch ertrunken, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Im April hatten die EU-Staats- und Regierungschefs auf einem Sondergipfel zur Flüchtlingskrise auch Vorbereitungen für eine Militärmission beschlossen, die Boote der Schleuser identifizieren und zerstören soll. Mogherini arbeitete darauf das Konzept für die Militärmission "EU Navfor Med" aus.

Militäreinsatz soll "sofort" beginnen

Steinmeier ging davon aus, dass die erste Phase "sofort begonnen werden kann". Dabei geht es um ein genaueres Lagebild im Mittelmeer und Informationen über die Schleusernetze. Dazu soll auch militärische Aufklärung etwa über Radar und Satellitenbilder eingesetzt werden. Auch bei der zweiten Phase, die das Anhalten und Überprüfen von Schiffen in internationalen Gewässern vorsieht, gibt es Steinmeier zufolge nur "überschaubare rechtliche Fragestellungen".

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Einsätze in libyschen Hoheitsgewässern oder in Libyen selbst benötigten aber ein UN-Mandat oder entsprechende Genehmigungen von libyscher Seite, sagte der Bundesaußenminister. Letzteres sei angesichts von zwei konkurrierenden Regierungen in dem Land schwierig. EU-Diplomaten zufolge wollen die europäischen Mächte im Sicherheitsrat am Dienstag in New York einen Entwurf für eine UN-Resolution vorlegen, um den Einsatz zu ermöglichen. Mogherini selbst hat Einsätze von Soldaten an Land ausgeschlossen, möglich wäre laut Diplomaten der Beschuss von Schleusereinrichtungen von See oder der Luft aus.

Die erwartete Unterstützung der EU-Außen- und Verteidigungsminister am Montag werde es aus ihrer Sicht "wahrscheinlicher" machen, dass der Sicherheitsrat eine Resolution für ein UN-Mandat verabschieden werde, sagte Mogherini. Ihre Sondierungen in New York hätten jedenfalls "keinen bedeutenden Widerstand" gegen das EU-Vorhaben gezeigt. Die UN-Vetomacht Russland hat bisher eine Zerstörung von Booten abgelehnt, ist aber nicht grundsätzlich gegen das Vorgehen gegen Schlepper.

Flüchtlinge könnten bei Militäreinsatz zwischen die Fronten geraten

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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte das europäische Vorgehen, das nicht nur auf das Leid der Flüchtlinge zielen werde. Denn es gebe auch die Gefahr, dass Dschihadisten sich unter die Flüchtlinge mischen könnten, um nach Europa zu gelangen. "Es könnten Terroristen darunter sein, die sich zu verstecken versuchen", sagte Stoltenberg, der an dem EU-Treffen teilnahm. Die Nato selbst sieht für sich keine aktive Rolle bei dem Einsatz, ist aber zu einem Informationsaustausch mit den Europäern bereit.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, warnte im Südwestrundfunk davor, dass Flüchtlinge bei dem EU-Militäreinsatz "zwischen die Linien geraten" und getötet werden könnten. Auch Pro Asyl sprach von "unkontrollierbarer Gefahr" für die Flüchtlinge. Der richtige Weg, Schleppern die Geschäftsgrundlage zu entziehen, sei es, legale Wege nach Europa zu öffnen, erklärte Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Die Militärmission im Mittelmeer ist Teil umfangreicherer Pläne der EU in der Flüchtingskrise. Die EU-Kommission hatte vergangene Woche auch vorgeschlagen, Flüchtlinge unter den EU-Staaten gerechter zu verteilen, was aber bei mehreren Ländern auf Widerstand trifft. So lehnen Großbritannien, Frankreich, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn und die baltischen Staaten ein vorgeschlagenes Quotensystem zur Verteilung ab.

(AFP)
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