Grenzen sollen geschlossen werden Kroatien kann keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen

Tovarnik · Nachdem in Ungarn die Grenze dicht ist, wandern die Flüchtlinge über Kroatien und Slowenien. Es sind viel mehr als die Behörden erwartet haben. Beide Länder schließen nun ebenfalls die Grenze. Ihr Zorn richtet sich gegen Griechenland.

 Flüchtlingskinder an der serbisch-kroatischen Grenze.

Flüchtlingskinder an der serbisch-kroatischen Grenze.

Foto: dpa, ab ase

"Wir können keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen", erklärte Innenminister Ranko Ostojic am Donnerstag. Allen Schutzsuchenden werde die Weiterfahrt zu Registrierungszentren rund um die Hauptstadt Zagreb ermöglicht. Jene Ausländer, die kein Asyl beantragen wollten, würden aber als illegale Immigranten angesehen.

Die Abriegelung der serbisch-ungarischen Grenze hat bei den Nachbarstaaten politisch heikle Reaktionen ausgelöst. Slowenien habe nun ebenfalls Grenzkontrollen angekündigt und wolle angesichts der hohen Flüchtlingszahlen insbesondere die Übergänge zu Ungarn überwachen, teilte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel mit.

Auch Kroatiens Staatspräsidentin Kolinda Grabar Kitarovic verlangte strengere Grenzkontrollen. Weil sich Ungarn gegen Flüchtlinge abschottet, wollen viele der Menschen über die beiden Nachbarländer gen Westen reisen.

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann betonte bei Besuchen in Kroatien und Slowenien, die Europäische Union brauche zur Lösung des Flüchtlingsproblems neue Regeln. Der kroatische Ministerpräsident Zoran Milanovic sagte nach einem Treffen mit Faymann in Zagreb: "Wir werden konstruktiv und kooperativ sein, aber unsere Ressourcen sind begrenzt."

Kroatiens Staatschefin Kolinda Grabar Kitarovic schlug ebenfalls Alarm. "Kroatien hat seine menschliche Seite gezeigt, aber ich betone, dass für mich die Sicherheit der Bürger Kroatiens und die Stabilität des Staats am wichtigsten sind." Die Präsidentin berief den Nationalen Sicherheitsrat ein und warnte: "Bis zu einem gewissen Grad geraten die Dinge außer Kontrolle, weil die Menschen illegal unsere Grenze überqueren." Einem kroatischen Zeitungsbericht zufolge soll Grabar Kitarovic gefordert haben, die Armee für einen eventuellen Grenzschutzeinsatz bereitzuhalten.

In Ljubljana betonte Faymann, die bisherigen Vorschriften zur EU-Flüchtlingspolitik müssten trotz des Reformbedarfs weiter beachtet werden - darunter das Schengen-Abkommen zum Grenzverkehr sowie die Dublin-Vereinbarung, derzufolge Flüchtlinge in dem Land registriert werden müssen, in dem sie erstmals die EU betreten. Nach einem Treffen mit seinem slowenischen Kollegen Milo Cerar mahnte Faymann:
"Wir dürfen kein Regelwerk über Bord werfen, bevor wir ein neues haben. Aber wir müssen wissen, dass wir ein neues brauchen."

Seit Ungarns Grenzschließung kommen deutlich mehr Flüchtlinge nach Kroatien als zunächst von der Regierung erwartet. Rund 6200 Menschen waren es laut kroatischen Polizeiangaben von Mittwoch bis Donnerstagmittag. Im ostkroatischen Grenzort Tovarnik kam es deswegen zu krisenhaften Zuständen. "Wir werden hier Zeugen einer humanitären Katastrophe", erklärte Bozo Galic, der Vorsteher des ostkroatischen Bezirks Vukovar-Srijem. "Es hat sich herausgestellt, dass die Pläne, von denen die Regierung gesprochen hat, schlicht nicht existieren."

Kroatiens Gesundheitsminister Sinisa Varga rechnet mit weiteren 20.000 Flüchtlingen innerhalb der nächsten zwei Wochen. Sein Kollege aus dem Verteidigungsressort, Ante Kotromanovic, kritisierte Griechenland, wo die meisten Flüchtlinge zuerst EU-Boden betreten. "Warum hat Griechenland dies erlaubt?", klagte er mit Blick auf die Dublin-Regelungen.

Athen steht auch im Fokus der Kritik aus Ungarn. Budapest schlug der EU-Kommission vor, die Ostgrenze Griechenlands mit eigenen Mitteln zu kontrollieren. Zudem solle Brüssel Flüchtlingslager außerhalb der EU einrichten, empfahl Außenminister Peter Szijjarto in Budapest nach einem Gespräch mit EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos.

Der Gast aus Brüssel kommentierte diese Vorschläge nicht. Er kritisierte den ungarischen Zaun an Grenze zu Serbien. Grenzzäune könnten zu Gewalt führen, sagte Avramopoulos. Mit Nachdruck verlangte er, dass insbesondere den syrischen Flüchtlingen geholfen werde. "Es ist auch unsere Christen-Pflicht", betonte er. "Lassen Sie uns sicherstellen, dass wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen."

(REU dpa)
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