Freihandelsabkommen mit Kanada EU-Ratspräsident hält trotz Streit an Ceta-Gipfel fest

Berlin/Brüssel · Weil sich die Regionen Wallonie und Brüssel querlegen, kann Belgien dem Freihandelsabkommen nicht zustimmen.

 In Brüssel demonstrieren Ceta-Gegner.

In Brüssel demonstrieren Ceta-Gegner.

Foto: rtr, MAL/

Der umstrittene Ceta-Freihandelspakt der EU mit Kanada kann bis auf Weiteres nicht geschlossen werden. Belgiens Regierungschef Charles Michel teilte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Montag nach einem Treffen mit Vertretern der belgischen Regionalvertretungen mit, er könne den Vertrag nicht unterzeichnen.

Meinungsverschiedenheit vor allem mit den Regionen Wallonien und Brüssel hätten nicht ausgeräumt werden können. Eine Unterzeichnung beim gemeinsamen Gipfel am Donnerstag sei dennoch nach wie vor möglich, erklärte Tusk nach einem Telefonat mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau beim Kurznachrichtendienst Twitter. "Wir fordern alle Parteien auf, eine Lösung zu finden."

Das Geschachere um die geplanten Unterzeichnung ist eine Blamage für die EU. Ceta wurde seit 2009 mit Kanada verhandelt und mehrfach nachgebessert. Dennoch gelang es nicht, in den 28 EU-Staaten die nötigen Mehrheiten zu organisieren.

Durch Ceta sollen 99 Prozent der Zölle im Handelsverkehr zwischen der EU und Kanada abgebaut werden. Auch nicht-tarifäre Standards und Normen sollen angeglichen werden. Befürworter schätzen einen Wachstumszuwachs von zwölf Milliarden Euro in der EU durch das Abkommen. Gegner halten das für übertrieben. Sie befürchten, dass durch Ceta die Ausbreitung genveränderter und hormonbehandelter Produkte beschleunigt wird. Vor allem aber kritisieren die Gegner neuartige Klagemöglichkeiten großer Konzerne vor einem Investitionsgerichtshof gegen Staaten, wenn sie ihre Investitionen durch Regulierungen behindert sehen.

Die deutsche Opposition kritisierte auch die Bundesregierung für ihr Verhalten während der Ceta-Verhandlungen. "Der Bundestag hat gegen die Stimmen von Grünen und Linken die Regierung ermächtigt, der vorläufigen Anwendung zuzustimmen. Insofern ist die Blamage der Kommission auch die Blamage der großen Koalition", sagte Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin. "Die Bedenken des wallonischen wie des Brüsseler Parlaments waren bekannt und sind nicht ernst genommen worden."

EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sieht die Verantwortung vielmehr bei Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Oettinger kritisierte, dass Gabriel als Minister eines einzelnen Mitgliedsstaates nach Kanada gereist sei und dann seine Partei bei einem Konvent über das Abkommen abstimmen ließ. Gabriel hingegen nannte Oettinger dafür "neunmalklug" und keilte zurück, dass Ceta ohne das "Engagement der Politik vor Ort" nicht mehrheitsfähig gewesen sei.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort