Banken des Inselstaates öffnen wieder Fünf Milliarden Euro in Containern für Zypern

Nikosia · Es ist ein heiß ersehnter Moment für die Menschen auf Zypern: Am Donnerstagmittag sollen die Banken des Inselstaats nach mehr als zehn Tagen Schließung wieder ihre Schalter öffnen. Die Europäische Zentralbank (EZB) ließ fünf Milliarden Euro in Containern heranschaffen. Vor den Banken haben Sicherheitskräfte Stellung bezogen.

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Foto: dpa, Katia Christodoulou

Die zyprische Zentralbank ist einem Zeitungsbericht zufolge mit fünf Milliarden Euro Bargeld ausgestattet worden. Das Geld sei am Abend in einem schwerbewachten Konvoi vom Flughafen Larnaka aus zur Zentralbank in Nikosia gefahren worden, berichtete die Tageszeitung "Kathimerini", die auf ihrer Internetseite auch Aufnahmen des Konvois zeigte. Das von der EZB bereitgestellte Bargeld werde nun an die Bankfilialen auf Zypern verteilt. Die Lieferung sei von Hubschraubereinheiten in der Luft gesichert worden.

Polizeistreifen zeigten in der Innenstadt Präsenz und fuhren von Bank zu Bank. Vor einzelnen Filialen standen bereits vor allem ältere Kunden, um auf die Öffnung zu warten, berichteten Korrespondenten der dpa. In allen Radio- und Fernsehsendern riefen Sprecher von Behörden und Institutionen zur Ruhe auf. "Ruhe bewahren. Nicht in die Banken strömen. Was man heute nicht erledigen muss, kann man auch morgen machen", sagte Aliki Stylianou, die Sprecherin der Zentralbank Zyperns.

Bei der Öffnung der Banken von 12 Uhr Ortszeit (11 Uhr MEZ) an wollen die Sicherheitskräfte Chaos und Kriminalität verhindern. Pro Person und Konto sollen die Zyprer maximal 300 Euro pro Tag abheben können. Reisende, die das Land verlassen, dürfen maximal 1000 Euro in bar mitnehmen. Daueraufträge für die Zahlung von Löhnen über das Online-Bankingsystem werden wieder erlaubt. Damit sollen alle Angestellten ihre Gehälter erhalten. Einschränkungen des Zahlungsverkehrs sollen den Abfluss von Kapital nach einer Öffnung der Banken verhindern.

Überfälle sollen verhindert werden

Die Sicherheitskräfte seien vor der Öffnung der Banken in Bereitschaft, auch um kriminelle Überfalle zu verhindern, sagte der zyprische Polizeisprecher Andreas Angelides. "Wir haben alle nötigen Maßnahmen getroffen, damit die Leute geschützt werden. Wir fordern alle Leute auf, auch selbst aufmerksamer zu sein, wenn sie die Bank verlassen", sagte Angelides. Ein Sprecher des Genossenschaftsbanken rief die Menschen am Abend zur Ruhe auf: "Ich sage den Leuten: Keine Panik, keine Panik. Jeder wird das bekommen, was ihm zusteht."

Zyperns Banken sind seit dem 16. März geschlossen. Seitdem können sich die Menschen in griechischen Teil der Insel nur noch aus Geldautomaten mit Bargeld versorgen. Für die Wiederöffnung der wegen der schweren Finanzkrise geschlossenen Geldinstitute waren bereits verschärfte Sicherheitsvorkehrungen angekündigt worden. Beschränkungen für Auszahlungen und internationale Überweisungen sollen zudem verhindern, dass Kapital in großem Umfang aus Zypern abgezogen wird.

Regierungssprecher Seibert: "Singulärer Fall"

In Berlin bezeichnete Regierungssprecher Steffen Seibert das Zypern-Rettungspaket als "singulären Fall". Es handele sich um eine maßgeschneiderte Lösung, um die individuellen Probleme Zyperns zu lösen. Er distanzierte sich damit von den umstrittenen Äußerungen von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, ohne aber direkt darauf einzugehen.

Dieser hatte erklärt, die Beteiligung von Kontoinhabern an der Bankenrettung Zyperns könnte auch als Modell für künftige Hilfsprogramme gelten, war dann aber zurückgerudert. Der Rettungsplan für Zypern sei zwar keine "Blaupause" für andere Länder. Doch künftig würden zunächst Banken selbst und Großanleger angesprochen, sagte Dijsselbloem in weiteren Interviews.

Wegen des angeschlagenen Bankensektors drohte die Ratingagentur Fitch Zypern abermals mit Abstufung. Fitch macht für die kritische Sicht auf die zyprische Bonität vor allem das gescheiterte Bankensystem verantwortlich.

Nach dem Rettungspaket sollen Einlagen oberhalb der EU-weiten Sicherungsgrenze von 100 000 Euro an der Banken-Sanierung beteiligt werden. Das zweitgrößte Geldhaus, die Laiki-Bank, wird abgewickelt. Ein Teil ihres Geschäfts wird von der Bank of Cyprus übernommen. Das kleine Euroland erhält im Gegenzug milliardenschwere Finanzhilfen seiner Europartner, die dem Staatshaushalt zugute kommen sollen.

Kritik an der Eurozone

Zyperns Außenminister Ioannis Kasoulidis kritisierte die Eurozone wegen der Bedingungen für das Hilfspaket. "Um es ganz offen zu sagen:
Wir haben dieses Vorgehen nicht als europäische Solidarität empfunden", sagte Kasoulidis der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Er verwies auf den zyprischen Eigenbeitrag in Milliardenhöhe zur Abwendung eines Staatsbankrotts.

Zypern habe während der Verhandlungen in der vergangenen Woche sogar kurz vor der Entscheidung gestanden habe, aus der Eurozone auszuscheiden. "Das war eine Möglichkeit, die wir zeitweilig ernsthaft in Betracht ziehen mussten", sagte Kasoulidis der Zeitung.

(dpa/das/felt)
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