Aufbau neuer Verwaltungsstrukturen Griechen lehnen deutsche Hilfen ab

Berlin · Die griechische Regierung will sich von deutschen Verwaltungsexperten, Beamten und Wirtschaftsförderern nicht beim Aufbau geordneter Strukturen helfen lassen. Ein internes Papier des Bundeswirtschaftsministeriums zieht ein ernüchterndes Fazit. Die Lage in Griechenland ist desaströs.

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Foto: dpa, Alkis Konstantinidis

Die griechische Regierung legt beim Aufbau neuer Verwaltungsstrukturen und der Verbesserung der Investitionsbedingungen für ausländische Unternehmer offenbar keinen Wert auf fremde Hilfe. Das geht aus einem internen Arbeitspapier des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, das unserer Redaktion vorliegt.

"Die vorläufige Bilanz des deutschen Unterstützungsangebots fällt ernüchternd aus", heißt es darin. Die Beamten von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) monieren, dass die Umsetzung wirtschaftsfördernder Maßnahmen auf griechischer Seite "nach wie vor unzureichend" sei. Die Wachstums- und Investitionsoffensive, die von einer eigens für Griechenland eingesetzten EU-Task-Force begleitet wird, genieße auf griechischer Regierungsseite "offenbar keine Priorität". Dies sei aus deutscher Sicht nicht zu akzeptieren.

Die überwiegende Zahl der von deutschen Unternehmensvertretern während der Delegationsreise von Rösler Anfang Oktober nach Athen beklagten Investitionshemmnisse sei nicht gelöst worden. Der vereinbarte Aufbau einer griechischen Förderbank für den Mittelstand verlaufe "schleppend", notieren die Top-Beamten.

Das mangelnde Interesse der griechischen Regierung trifft dem Bericht zufolge auch andere Staaten. Konkrete Hilfsangebote hätten demnach Frankreich (Steuerverwaltung), Schweden (Finanzmanagement, Korruptionsbekämpfung, Arbeitsmarkt, Gesundheit), Niederlande (Steuern, Justiz, Verwaltung) und Norwegen (Umwelt, Migration, Asyl) gemacht. Das Fazit der Top-Beamten: "Die Nachfrage Griechenlands nach konkreten Unterstützungsleistungen ist unverändert zurückhaltend."

Die Berliner Ministerialen schlagen nun vor, dass die EU-Kommission das zweite Griechenland-Hilfspaket mit einer Verpflichtung der griechischen Regierung zu einer besseren Kooperation verknüpft.

Die EU-Kommission hat unlängst ein weiteres Expertenteam nach Athen entsandt, um Projekte zur Ankurbelung der krisengeschüttelten Wirtschaft ausfindig zu machen. Außerdem arbeitet die EU-Behörde an einer Umwidmung bestehender Fördergelder für Griechenland. Demnach sollen künftig beispielsweise Finanzmittel für die Aus- und Fortbildung von Studenten und Arbeitslosen sowie zur Unterstützung von Jungunternehmern genutzt werden. Auf dem Gipfeltreffen der EU an diesem Donnerstag wollen die Staatschefs zudem über ein Programm für ältere Arbeitslose sprechen.

Die SPD, die französischen Sozialisten und einige Mitglieder der Kommission verlangen indes ein europaweit finanziertes Konjunkturpaket für die Krisenstaaten, eine Art Marshallplan für Südeuropa.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die FDP wehren sich bislang aber gegen zusätzliche Hilfen aus dem EU-Etat und wollen bestehende Mittel gezielter nach Griechenland und in die übrigen Krisenstaaten umlenken. "Es ist genug Geld da", sagte die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, gestern in Berlin. "Es geht nicht um mehr Geld, sondern um die bessere Verwendung der bestehenden Mittel." Nach Angaben aus Regierungskreisen hat Griechenland seit 1991 Mittel in einem Umfang von 135 Milliarden Euro aus den Strukturfonds erhalten.

Derweil wurde bekannt, dass der Mann der ehemaligen griechischen Außenministerin Dora Bakogianni, der Reeder Isidoros Kouvelos, fast eine Million Euro am griechischen Fiskus vorbei ins Ausland gebracht hat. Das bestätigte der griechische Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos gestern in Athen. Ihr Mann habe das Geld zunächst aus den USA nach Griechenland gebracht und im Mai wieder ins Ausland nach Großbritannien überwiesen, weil er sich ein Schiff kaufen wollte, rechtfertigte die frühere Ministerin Bakogianni den Transfer. Alles sei legal gewesen.

(RP/sap/top/jh-/csr)
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